Nordlichter

Wie ein Sternbild standen sie über dem Nordhorizont: Die einen grösser und heller, während die andern kleiner waren und schwächer leuchteten. Eines der beiden Lichter, die langsam aufschienen, wurde beim Hellerwerden grösser und grösser, bis es mindestens die sechs- bis zehnfache Ausgangsgrösse hatte und fast wie ein riesiger Scheinwerfer strahlte. «Ein so hell und gross strahlendes Objekt habe ich seit vielen Jahren nicht mehr beobachten können! Das ist ja wie in den Anfangszeiten, damals war es auch so!» hörte man Bernadette sagen. Einige der Lichter, die zuvor stillgestanden waren, fingen an, sich langsam zu bewegen, und das eine oder andere begann in einem flugzeugähnlichen Rhythmus zu blinken.
Davon liessen sich einige Kerngruppemitglieder irritieren, die meinten, es handle sich lediglich um die Scheinwerfer von Flugzeugen, und sich deshalb schon bald abwandten, um lieber eine kleine, schwach leuchtende Telemeterscheibe zu beobachten, die sich in gleichmässiger Geschwindigkeit direkt über den Zenit bewegte. «Da bin ich wenigstens sicher, dass es eine Telemeterscheibe ist», hörten wir Andreas sagen.
Während sich ein Teil der Kerngruppemitglieder abwandte, kam Bewegung in die Objekte, und das eine und andere verschwand plötzlich von der Bildfläche, bis ausser dem strahlend hell leuchtenden und leise pulsierenden grossen Licht nur noch zwei weitere am Himmel standen. Langsam nahm dann die Strahlkraft des grössten und hellsten Objektes ab, und es wurde kleiner und kleiner. Schliesslich war es nicht mehr grösser als die Positionslichter eines Flugzeuges, worauf es sich schnell zu entfernen begann und als letztes Objekt plötzlich verschwand. Was übrig blieb, waren nur noch die üblichen Flugzeuge, die sich ziemlich rasch über den Himmel bewegten.
Beim Zurückgehen konnte man den einen oder andern sagen hören, dass es sich nur um die Scheinwerfer von Flugzeugen gehandelt haben könne und dass man diese neuerdings oft so sehen könne, seit die Swissair ihre An- und Abflugschneisen geändert hätten. Aber welchen Flugzeugscheinwerfer kann man während geschlagenen zehn Minuten beobachten? Und welcher Flugzeugscheinwerfer steht so gross und hell am Himmel, dass man meinen könnte, direkt in eine kleine Sonne zu blicken? Diese Details und die Tatsache, dass sich die Objekte im Gegensatz zu Flugzeugen eine Zeitlang nur äusserst langsam oder gar nicht von der Stelle bewegten, sind offenbar auch einigen der geübteren Beobachter entgangen, die sich vom Blinken der Objekte beim Wegfliegen ganz offenbar täuschen liessen und nicht merkten, dass das Blinkintervall ein ganz anderes war als bei den uns bekannten Flugzeugen.
Dass es sich tatsächlich um keine Flieger gehandelt haben konnte, wurde uns zuerst am Sonntagabend telefonisch bestätigt. Conny Gunz, die Tochter der Lebenspartnerin von Atlantis Meier, rief nämlich an und erzählte, dass sie zusammen mit einem Kollegen und weiteren, unbeteiligten Passanten von der Lorraine-Brücke in der Stadt Bern am Samstagabend um ca. 21.30 h am Nordhimmel ein nächtliches Lichtspektakel beobachten konnten, an dem bis zu 20 mehr oder weniger hell leuchtende Objekte beteiligt gewesen seien, von denen zumindest eines ausserordentlich hell und gross aufgeleuchtet habe.