Leserfrage zur Beschneidung und Genital-Verstümmelungen

Blutverlust
Je nach Form der Beschneidung amputiert die Beschneiderin die gesamten oder Teile der äusseren Geschlechtsorgane. Um die Wunde zu verschliessen, werden Akaziendornen, Bindfaden, Tierdarm oder Eisenringe verwendet. Asche, Kräuter, kaltes Wasser, Pflanzensäfte oder Blätter sollen die bei der Amputation häufig auftretende starke Blutung stoppen. Doch nicht selten verbluten die Mädchen, denn auch noch rund eine Woche nach der Beschneidung können starke Blutungen auftreten, wenn sich die Kruste über der klitoralen Arterie ablöst.

Verletzungen, Inkontinenz und Fistelbildung
Da es sich bei den traditionellen Beschneiderinnen meist um ältere Frauen handelt, deren Sehvermögen bereits nachgelassen hat und die ihre Hände nicht immer vollkommen ruhig führen können, sind Verletzungen am Gewebe, dem Schliessmuskel oder der Harnröhre nicht auszuschliessen. Solche Verletzungen können zur Fistelbildung und zu einem unkontrollierten Abfluss von Urin und Fäkalien führen.

Sexuelle und reproduktive Probleme
Je nach Beschneidungstyp hat der Eingriff grossen Einfluss auf die sexuelle Erlebnisfähigkeit der Frauen. Oft stellt die Verstümmelung der äusseren weiblichen Genitalien eine irreparable Schädigung der sexuellen funktionellen Einheit der Frau dar.
Das harte und wenig dehnbare Narbengewebe erschwert die Penetration durch den Mann. Insbesondere bei infibulierten Frauen müsste die Vaginalöffnung für den ersten Geschlechtsverkehr aufgeschnitten werden. Da dies jedoch einem Ehrverlust für die Ehemänner gleichzusetzen ist, wird zumeist auf Alkohol als Betäubungsmittel zurückgegriffen, um dann durch die mechanische Penetration die Frau gewaltsam zu öffnen.
Für die Geburt eines Kindes müssen die vorhandenen Narben ebenfalls von erfahrenen Geburtshelferinnen geöffnet werden. Durch die Härte und eingeschränkte Elastizität des Narbengewebes kann sich der Geburtskanal nicht ausreichend weiten. Das kann lebensbedrohliche Konsequenzen für Mutter und Kind haben. Auch sind Komplikationen wie schwere Blutungen bei beschnittenen Frauen häufiger dokumentiert als bei unbeschnittenen (laut einer Studie der WHO von 2006). Manch infibulierte Frau, die für die Geburt aufgeschnitten wurde, wird nach der Geburt wieder refibuliert, also nochmals zugenäht und damit erneut traumatisiert.

Erhöhte Sterblichkeitsrate der Kinder
Nach Ergebnissen der oben erwähnten Studie fördert die Beschneidung ebenfalls eine erhöhte Säuglings- und Kindersterblichkeit. Unfruchtbarkeit Forschungen haben bestätigt, dass vor allem schwere Genitalbeschneidungen das Risiko zur Unfruchtbarkeit einer Frau merklich steigern.

Entstehung von Narbenwülsten
An den Narben können Narbenwülste entstehen, die zu einer Verengung der Scheide und damit zu Komplikationen beim Urinieren, Geschlechtsverkehr und bei Geburten führen können.

Irreversible Schäden
Ein Grossteil insbesondere der schwereren Formen der Beschneidung ist irreversibel. Zwar wird auf diesem Feld viel geforscht; vor allem der französische Gynäkologe Dr. Pierre Foldès hat in den letzten Jahren operative Eingriffe entwickelt, um die Schäden durch Beschneidungen zumindest teilweise rückgängig machen zu können. Zu diesen Techniken gehören das Abtragen von Narbengewebe, das (teilweise) Wiederherstellen der Schamlippen oder auch das Auswärtsstülpen des inneren Teils der Klitoris, um die Amputation zu kompensieren.