Die Berliner Mauer ist weitergezogen

Amerika ist eine Monade, die zwar jeden Kontakt mit der Aussenwelt verloren hat, dafür aber direkt mit Gott kommuniziert. Und Al Qaida ist der Feind, den die USA immer ersehnt haben, eine Inkarnation ihrer eigenen Hollywood-Visionen. Das Böse ist überall und nirgends da draussen, ausserhalb der Zone, in der der Präsident monadisiert. Man kann es also auch überall und nirgends bekämpfen. Wo immer der militärisch-industrielle-Komplex gerade Krieg führen möchte, der internationale Terrorismus ist bestimmt schon da, um als Rechtfertigung zu dienen.

Die Berliner Mauer hat sich bereits nach wenigen Stunden nach Bratislava verzogen zu den neuen Europäern. Der Todesstreifen der Macht rund um Mainz ist wieder verschwunden. Und zurück bleibt Ratlosigkeit.

Was verbindet uns noch mit dieser Macht, ausser der Tatsache, dass es die Macht ist? Selbst der Hofnarr des Amerikanismus, Michael Moore, hat uns nicht viel zu sagen. Wenn ich heute einen Amerikaner treffe, so erinnert mich das an eine Begegnung mit DDR-Bürgern im Jahre 1988 in Polen. Sie benahmen sich zwar ein wenig anders als wir, aber es waren ganz normale, nette Leute. Und dennoch, der Todesstreifen an der deutsch-deutschen Grenze begleitete sie überall hin. Sie konnten ihm nicht entfliehen. Sie sprachen, bis auf den sächsischen Akzent, das gleiche Deutsch wie wir. Sie litten in der Schule unter dem gleichen Goethe und dem gleichen Schiller wie wir, und trotzdem sprachen wir aneinander vorbei. So ähnlich geht es uns heute mit den Amerikanern. Wir hören die gleiche Pop-Musik, sehen die gleichen Hollywood-Filme und hören und sehen doch aneinander vorbei. Die DDR ging unter, weil niemand mehr inmitten eines Todesstreifens leben wollte. Die Amerikaner jedoch haben Bush wiedergewählt.

Man sagt, der Exzess sei der Vorbote des Untergangs. Nun gut, das abgrunddumme, bigotte, fundamentalistische und nationalistische Amerika tobt sich mit Bush an der Spitze nun wahrlich seit einigen Jahren hemmungslos aus. Hoffen wir, dass dies schon der Exzess ist und dass alles, wofür George W. Bush steht, bald untergeht und dort bleibt, wo es hingehört: In den Mülleimer der Geschichte direkt neben der Berliner Mauer.