Eine Voraussage von ‹Billy› Eduard Albert Meier ...

© DIE ZEIT, 31.01.2008 Nr. 06

Finger weg, Otto!
Von Jochen Bittner

Die Schriftstellerin Juli Zeh klagt gegen den biometrischen Pass. Ihr Vorwurf: Der Ex-Bundesinnenminister Otto Schily war befangen

Spurensuche – Warum beriet Schily eine Biometriefirma?
Vielleicht wird den meisten Bundestagsabgeordneten erst auffallen, wofür sie am 24. Mai 2007 die Hand gehoben haben, wenn sie dieselbe Hand demnächst auf den Scanner legen. Jeder Deutsche, der einen neuen Reisepass beantragt, muss seit November vergangenen Jahres in den Meldeämtern zwei Fingerabdrücke hinterlassen. «Die Fingerabdrücke werden in Form eines flachen Abdrucks im elektronischen Speichermedium des Passes gespeichert.» So steht es im neuen Passgesetz. Aber wollte dies tatsächlich auch die Mehrheit des Parlaments? Oder haben sich die Volksvertreter einwickeln lassen von einem raffinierten Gespinst aus Anti-Terror-Rhetorik, scheinbar unentrinnbaren europarechtlichen Zwängen und Geschäftsinteressen des damaligen Innenministers Otto Schily (SPD)?

So sieht es zumindest die Schriftstellerin Juli Zeh, (‹Schilf›, ‹Spieltrieb›, ‹Adler und Engel›). Deshalb hat sie jetzt, zusammen mit dem Leipziger Rechtsanwalt Frank Selbmann, beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen den biometrischen Pass eingereicht. Für sie sei es, abgesehen von den zahlreichen Missbrauchsmöglichkeiten, die der ‹e-Pass› eröffne, schlicht ‹eine entwürdigende Vorstellung›, ihre Fingerabdrücke abgeben zu müssen wie eine Kriminelle. Hat die Verfassungsbeschwerde Erfolg, könnte das drastische Folgen haben, bis hin zum Einstampfen der biometrischen Pässe und der Löschung aller gespeicherten Daten.

Zehs Verfassungsbeschwerde verspricht nicht nur wegen der Jeanne d’Arc’schen Konstellation – Juli gegen Schily – Dramatik. Sie stellt auch einer immer mächtiger werdenden Europäischen Union die Frage: Wie hältst du’s mit den Bürgerrechten? Denn gerade bei den heiklen Fragen der inneren Sicherheit hat sich in Brüssel eine Rechtssetzungspraxis qua Minister-Ukas etabliert, die an nationalen Parlamenten und Öffentlichkeiten vorbei Tatsachen schafft. Und die damit, wie es die im Europarecht versierte Zeh sieht, «den Grundsatz der Gewaltenteilung auf den Kopf stellt».