Eine Voraussage von ‹Billy› Eduard Albert Meier ...

Das sei ‹grotesk›, antwortet Schily. «Schriftsteller sollen bekanntlich besonders fantasiebegabt sein», entgegnet er gegenüber der ZEIT. «Als Grundlage für Gerichtsentscheidungen taugen Fantasieprodukte aber nicht. Eine Vergütung für meine Aufsichtsratstätigkeit habe ich nicht erhalten. Inzwischen bin ich aus dem Aufsichtsrat wieder ausgeschieden.»

Doch es bleibt zu fragen, ob Schily und seine europäischen Ministerkollegen die Kompetenzen der EU nicht überdehnten, als sie den ePass über die Brüsseler Bande in die Mitgliedsstaaten hineindekretierten – oder ob sie damit gegen den Subsidiaritätsgrundsatz verstiessen, sprich: Nur das mit Hilfe Europas zu regeln, was tatsächlich europaeinheitlich geregelt werden muss. Innerhalb der EU, argumentiert Juli Zeh in ihrer Verfassungsbeschwerde, brauche man doch gar keine Reisepässe, um vom einen Land ins andere zu gelangen. Damit «fehlt es vollständig an einem EU-spezifischen Bezug» der Pass-Verordnung.

Interessant wird nun, ob das Bundesverfassungsgericht die Sache überhaupt annimmt. Denn seit 1986 geht das Gericht davon aus, dass der Grundrechtsschutz in der EU im wesentlichen dem deutschen Standard entspreche; solange sich dies nicht ändere, werde Karlsruhe Rechtsakte der EU nicht mehr überprüfen. 22 Jahre und viele Integrationsschritte später, glaubt Juli Zeh, sei es allerdings an der Zeit, diesen Standpunkt zu überdenken. Insbesondere bei Fragen der informationellen Selbstbestimmung böte die europäische Rechtssprechung bei weitem nicht den Standard, der in Deutschland herrsche.

Nach dem 11. September 2001 ist eines in der Tat deutlich geworden: Zwar arbeitet die EU immer stärker in der sogenannten ‹Dritten Säule› (Justiz und Inneres) zusammen, um Europa zu «einem Raum von Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit zu machen». Doch das bedeutet keineswegs, dass sich auch der Grundrechtsschutz verbessert. «Je mehr Kompetenzen wir nach Brüssel verlagern, desto schlimmer wird es», glaubt Juli Zeh vielmehr – dies gelte umso mehr, als der kürzlich beschlossene Lissabon-Vertrag in Zukunft mehr europäisches Durchregieren ermöglicht. Tatsächlich hat Karlsruhe sich in jüngerer Zeit schon recht EU-skeptisch gezeigt. 2005 verwarfen die Richter etwa den Europäischen Haftbefehl, weil er nicht den deutschen Rechtsstaatserfordernissen genügte.

«Ich war immer ein grosser Freund der europäischen Idee», sagt die Autorin der bisher wohl schärfsten Anklage gegen die Rechtsdurchgriffe der EU, «aber jetzt wird’s mir doch ein bisschen gruselig.»