Wirtschaft vor Verstand, Vernunft und Logik...

Zurück zu diesem NZZ-Artikel ‹öko-Kritik des Papstes geht fehl›, aus dem ich einige Zeilen zitieren will: «… Mit der Harmonie von Mensch und Natur greift der Papst ein in der Umweltbewegung wirkungsmächtiges Prinzip auf. Dieses geht davon aus, dass der Grund für die Umweltkrise in der Entfremdung des Menschen von den natürlichen Prozessen liege. Die industrielle Moderne mit ihrem Zwang zum technischen Fortschritt und zu wirtschaftlichem Wachstum habe in die Umweltkatastrophe geführt. Um diese abzuwenden, sei es notwendig, die Entfremdung zu überwinden und die (ursprüngliche) Harmonie wiederherzustellen. Dem widerspricht ­vehement und mit guten Gründen eine Gruppe von Wissenschaftlern und Umweltschützern im ‹Ecomodernist Manifesto›. (Anm. über dieses Manifest kann unter anderem über folgende Links Information geholt werden: http://www.ecomodernism.org/ und http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/neue_oekobewegung_e....) Das Manifest wurde im April veröffentlicht und löste bisher vor allem in angelsächsischen Ländern lebhafte Debatten aus. Die ‹ökomodernisten›, die sich im kalifornischen Break­through Institute, einem auf Umwelt- und Energiefragen spezialisierten Think-Tank, sammeln, plädieren für eine Entkoppelung von Mensch und Umwelt; eine Re-Harmonisierung lehnen sie ab. Sie sehen nicht ein Zuviel an technischem Fortschritt als problematisch an, sondern das Gegenteil davon. … Das Manifest, das weder die Umweltprobleme kleinredet noch einer naiven Technikgläubigkeit anhängt, überzeugt mit seinem Optimismus. Nicht von ‹Sünden gegen die Schöpfung› ist die Rede, sondern von der Modernisierung als ein Weg zur Befreiung des Menschen von harter körperlicher Arbeit und Unterdrückung sowie vom menschlichen Wohlstand, der untrennbar mit einem ökologisch lebendigen Planeten verbunden ist. …» Etwas weiter unten im Text heisst es unter anderem: «… Die effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen eröffne die Chance, den menschlichen Einfluss auf die ökosysteme zu verkleinern. Derart erhalte die Erde die Chance, wieder zu verwildern und zu ergrünen.» Wie bitte?

Es lohnt sich, die Grundzüge des Manifests zu lesen, um verstehen zu können, weshalb solche teils hirnverbrannte Ideen heutzutage bei den Menschen Anklang finden und sich viele Technik-Freaks und solche, die ‹up to date›, auf Deutsch zeitgemäss, sein wollen, damit anfreunden oder gar begeistern können. Sie selbst müssen gar nichts tun; keine Verantwortung übernehmen, nichts, alles erledigt die Technik. Welche Technik? Nichts wird ausgedeutscht, jede/r kann sich unter den Schlagwortbegriffen denken oder einbilden, was sie/er will – fast wie bei den drei Auslassungspunkten. Es wird Wissen suggeriert, wo keines vorhanden ist, und keiner und keine getraut sich nachzufragen, um nicht als ungebildet zu erscheinen. Sehr praktisch für die Schlagworterfinder. Ein Mitautor des ‹Manifesto› meint: «Der entscheidende Faktor ist die Intensivierung. Land- und Forstwirtschaft sowie Aquakultur (Anm. = kontrollierte Aufzucht von aquatischen, also im Wasser lebenden Organismen, insbesondere Fischen, Muscheln, Krebsen und Algen. Allen in Aquakultur produzierten Organismen gemein ist die Zuordnung zu einem Besitzer.), Energieerzeugung und menschliche Siedlungsflächen sollen so intensiviert bzw. verdichtet und vom Naturverbrauch entkoppelt werden, dass viel Platz bleibt für wenig berührte Natur. … Die Vision der ökomodernisten zeigt uns eine menschengemachte und somit also künstliche Welt, die globalen Wohlstand ermöglicht. Und eine Natur, die dem Menschen nicht mehr zur Ausbeutung, sondern zum Wohlgefallen dient. …» Zusammengefasst in einem knappen Satz: Am einen Ort immer mehr, um das andere (angeb­lich) zu schonen. Stellen Sie sich vor, eine Stadt mit Millionen von Einwohnern, die zusammengepfercht in ­riesigen Wolkenkratzern hausen resp. dahinvegetieren, und irgendwo eine gleiche Fläche zum Ausgleich mit ‹wenig berührter Natur›. Wo sind die fruchtbaren Anbauflächen zur Sicherstellung der Nahrung für die Milliarden-Population? Auf den Wolkenkratzern? Oder sind das etwa die abgebrannten Felder derjenigen, welche jetzt als Asylanten in Europa und den USA wohnen? Hat einer dieser ‹Think-Tank›-Mitglieder sich das Gesagte jemals realistisch durchgedacht? Haben sie sich all das plastisch vorgestellt, was sie in ihrer Schlagwortsprache ankündigen? Was bedeutet ‹vom Naturverbrauch entkoppeln›? Wie wird das gemacht? Weshalb ermöglicht eine künstliche Welt globalen Wohlstand? Welcher Wohlstand? Wohlstand für wen? Für diejenigen, welche auch die Aquakultur und die Fracking-Firmen besitzen und hinter hohen Mauern wie Vögte ihre Untergebenen drang­salieren? (Fracking = Aufspalten von Gestein mit Chemikalien und hohem Wasserdruck zur Gewinnung von Gas oder Erdöl.) Woher nehmen sie das viele Wasser für das Fracking? Rauben sie das Wasser und lassen sie die Menschen, denen das Wasser gehört, ver…dursten, um Gas oder Erdöl zu gewinnen? Vergiftet werden die ­Menschen ja ohnehin.