Vatikansprecher und Klimaforscher Schellnhuber im Vorfeld der päpstlichen Umwelt-Enzyklika...

...«Wir sind mit mindestens 6 Milliarden Menschen überbevölkert, denn die Tragfähigkeit der Erde liegt unter 1 Milliarde»
Wegen einer undichten Stelle im Vatikan wurde bereits Tage vor der Offenlegung über die Enzyklika von Papst Franziskus diskutiert. Der Grund: Seine darin enthaltenen Thesen und detaillierten Forderungen zum Thema Umwelt. Als offizieller Termin wurde der 18. Juni 2015 genannt. Doch durch das unbeabsichtigte oder vielleicht sogar bewusst geschaffene Leck – der Vatikan selbst spricht von Sabotage – wurde die Enzyklika bereits Tage zuvor gelobt, aber auch heftig kritisiert. So schreibt beispielsweise die deutsche TV-Anstalt ARD:

Das hat es noch nie gegeben: Dass ein Lehrschreiben eines Papstes schon vor seinem Erscheinen gelobt, gefürchtet, kritisiert wird. Kritik kommt vor allem aus den USA. Hier sind es konservative Kreise, die fürchten, der Papst könne in seiner Umwelt-Enzyklika dem Menschen die Schuld am Klimawandel geben und zu Verzicht, statt zu Wachstum aufrufen.

Die grundlegenden Aussagen in der Enzyklika
Gemäss der frühzeitig veröffentlichten Version der Enzyklika von Papst Franziskus, spricht er von ‹rücksichtsloser Ausbeutung der Natur› und davon, dass der Mensch eines Tages selbst Opfer dieser Ausbeutung werden könne. Es sei dringend notwendig, dass die Führung der Menschheit sich radikal verändere, damit die technischen Meisterleistungen, das Wirtschaftswachstum und der wissenschaftliche Fortschritt sich nicht gegen die Menschen wenden.

Papst Franziskus verlangt eine neue, weltweite Solidarität und die Verbindung von ökologischen, sozialen und politischen Fragen. Er fordert die Menschheit auf, andere Wege im Umgang mit der Welt zu suchen, vor allem andere Formen des Wirtschaftens. Er schreibt davon, dass die Erde sich immer mehr in eine gewaltige Müllhalde zu verwandeln scheine; dass das Menschenrecht auf sauberes Trinkwasser einem grossen Teil der Erdbevölkerung vorenthalten werde; dass Menschen in weiten Teilen der Welt kein Dach über dem Kopf hätten, während in anderen ein skandalöses Konsumniveau herrsche. Der Text schlägt einen grossen Bogen vom Verlust an Artenvielfalt bis zur globalen Ungleichheit, mit einer sozialen Degradierung in grossem Umfang. Franziskus macht die Politik verantwortlich für die Misere, erwartet aber offenbar kaum Besserung von dieser Seite. Die Menschen selbst, so ist seine Botschaft, müssen sich ändern, um das System zu ändern. Vor allem jene, die im überfluss leben. Die können den Gebrauch von Plastik und Papier ebenso reduzieren wie ihren Wasserkonsum. Sie können Müll trennen und sollten nur das kochen, was sie wirklich essen, sollten andere Lebewesen rücksichtsvoll behandeln, mit anderen im Bus fahren, statt allein im Auto, Bäume pflanzen und Lampen ausschalten, die sie nicht brauchen. Für viele Umwelt- und Sozialkritiker ist das Konzept vielleicht nicht gerade revolutionär, aber mit der Aussicht verbunden, so Franziskus, mit weniger besser zu leben.