«Wir lassen uns viel zu viel gefallen»

Ist es nicht Zeitvergeudung, so etwas überhaupt zu untersuchen?

Wenn eine Therapie von Millionen Menschen weltweit angewendet wird, dann kann man dem nicht begegnen, indem man sie auslacht und sagt, das ist unplausibel. Dann muss man Daten vorlegen, und meines Erachtens sind die besten Daten klinische Studien. Inzwischen gibt es diese, und sie zeigen, dass Homöopathie nicht funk­tioniert. Aber das ist erst über die vergangenen zwanzig Jahre so gekommen.

Wirkt gar nichts in Naturheilkunde und Alternativmedizin?

Doch, ich habe einmal in einer Publikation nur die positiven Dinge rausgestellt. Da sind etwa 20 Therapie­formen genannt: Vornehmlich Pflanzenheilmittel, aber auch physikalische Massnahmen wie beispielsweise Massage.

Warum schneiden gerade Pflanzenheilmittel gut ab?

Viele moderne Medikamente haben eine pflanzliche Basis.Pflanzen enthalten pharmakologisch aktive Moleküle, es ist nicht erstaunlich, dass sie etwas Gutes bewirken können. Gleichzeitig können sie aber auch Schaden ver­ursachen.

Viele glauben, dass ein pflanzliches Mittel nicht schaden kann.

Dabei sind viele regelrecht gefährlich. Chinesische Phytotherapeutika etwa sind meist Kombinationen.Da weiss niemand,was wirklich mit was interagiert.Oft sind sie mit Schwermetallen verunreinigt,oder es sind chemische Präparate reingemischt.Johanniskraut kann bei Depressionen helfen,aber wenn es mit anderen Medikamenten interagiert, etwa mit Gerinnungshemmern, kann es den Spiegel dieser Medikamente im Blut so stark senken, dass Patienten einen Schlaganfall erleiden.

Und alternative Heilverfahren?

Das kommt drauf an. Es sind circa 700 Fälle in der Literatur beschrieben, wo Chiropraktik zu ernsten Kompli­kationen wie Schlaganfall oder Tod geführt hat.Dabei hat dieses Verfahren keinen bewiesenen Nutzen.Homöo­pathie oder Bachblüten sind eigentlich unschädlich, weil nichts drin ist. Aber wenn diese Verfahren bei ernsten Erkrankungen eingesetzt werden, wird es gemeingefährlich. Ich kenne den Fall einer Homöopathin, die sich selbst umgebracht hat, indem sie ihren bösartigen Hautkrebs nur mit Globuli behandelt hat.

In lhrem Buch beschreiben Sie auch Ihre Erfahrungen als Professor an der Universität Wien. Dort sei so viel intrigiert worden, dass Sie angefangen haben, die Telefonate heimlich aufzuzeichnen.

Diese Intrigen waren aus zwei Gründen furchtbar: Erstens haben sie viel Zeit gekostet. Und zweitens: Man muss mitspielen und gerät dabei immer weiter in diesen Sumpf hinein. Dass ich so mein professionelles Leben ver­bringen sollte, war eine düstere Aussicht. Aber man gibt eine Professur in Wien nicht einfach so auf. Ich war da die grosse Ausnahme und es hat ja auch für einen Skandal gesorgt, als ich da weggegangen bin.