WZ-Nr. 176

Viele denken, dass mit dem Lesen so vieler wertvoller Schriften wie möglich auch viel gelernt werden könne, obwohl altherkömmliche Sprüche und Lebensweisheiten das Gegenteil aussagen, wie z. B.«Probieren geht über Studieren», «Aus Fehlern lernt man» oder «Die Schule des Lebens kann man nicht schwänzen» usw. Erfahrungen aus dem Alltag zeigen alle auf, dass etwas wahres Schöpferisches nur gelernt werden kann, wenn eine wahre, ehrliche Bereitschaft und der Wille vorhanden sind, um Lernstoffe daraus zu ziehen.

Eine Patientin erzählte mir, dass ihr Primarlehrer sie fragte, als sie noch ein kleines Mädchen war: «Weisst Du, welche Schule niemand schwänzen kann?» Sie wusste kein Antwort, worauf der Lehrer zu ihr sagte: «Das wirst Du noch erfahren ...» Später besuchte sie mit ihrer Mutter ihre Grossmutter, die zu ihr sagte: «‹Maitli›, Du bist nicht da im Leben, um Spass zu haben, Du bist da zum Lernen.»

Die Antwort auf die beiden Aussagen, dass es sich dabei um die ‹Lebensschule› handelt, fiel ihr erst etwa 40 Jahre später ein, als sie nach der einen oder anderen Lebenskrise resp. nach Zusammenbrüchen schliesslich psychologische Unterstützung in Anspruch nahm,um sich Klarheit zu verschaffen, aus welchen Gründen sie immer wieder in Krisen geriet ...
Im Alltagsleben führen grössere Denk- und Handlungsfehler frühe roder später in ganz neue und unbekannte Situationen, persönliche Krisen oder zu Zusammenbrüchen. Daraus kann erst dann etwas Neues und Wahres gelernt werden, wenn das Grübeln und die Betroffenheit beiseite gelegt werden und mit allen Partnern sowie mit sich selbst Versöhnung gefunden wurde. Wird das alte Denkmuster und die Einstellung sowie die Frage, wer im Recht oder Unrecht gewesen sei, im stillen nach und nach abgelegt, kehrt endlich Ruhe ins Alltagsleben zurück, das sich dann zukünftig an einem neutralen Blickwinkel und Horizont orientiert. In Ruhe kann schneller und effizienter aus der prekären Situation hinaus gefunden werden und eine Entwicklung wahren schöpferischen Lernens beginnen.