Ein Gespräch mit Dudo Erny

Frage: Welche wirklichkeitsnahen Möglichkeiten sehen Sie denn für die Umsetzung einer geburtenkontrollierenden Politik in Afrika? Das liegt schliesslich in der Verantwortung der Innenpolitik der jeweiligen Staaten. Da können (und wollen?) wir uns doch nicht einmischen.

Antwort: Leider funktioniert in vielen afrikanischen Staaten die Verwaltung nicht oder nur mit Schmiergeldern. Man könnte zwar den Herrschenden die Familienplanung schmackhaft machen, aber da müsste viel Geld fliessen, das niemand hat. Da die meisten Hilfsorganisationen einen religiösen Hintergrund haben, beisst man bei denen auf Granit, sobald man nur das Wort Familienplanung erwähnt. Eine löbliche Ausnahme ist da die ‹Aktion Regen› (aktionregen.at). Man sollte nur an solche Hilfswerke spenden, die in ihrem Programm irgendeine Form von Aufklärung und Familienplanung haben. In einer globalisierten Welt haben die inneren Angelegenheiten eines Staates einen fragwürdigen Wert. Wenn in einem Schweizer Dorf mit 500 Einwohnern ein Aufnahmezentrum für 140 afrikanische Asylanten entstehen soll und dann Protestaktionen stattfinden, so betrachte ich es auch als eine Einmischung Afrikas in die inneren Angelegenheiten der Schweiz, zumal sich etliche Staaten weigern, ihre geflüchteten Staatsbürger wieder aufzunehmen.

Frage: Kinder sind in Afrika auch Altersvorsorge. Wir müssten bei einer solchen Politik sicherlich helfen, dass diese Länder auf die Beine kommen, ordentliche soziale Sicherungssysteme entwickeln usw. Ist das machbar? Wäre das nicht eine neue Art der Bevormundung, ein neuer Kolonialismus?

Antwort: Da ich daran zweifle, ob in einem afrikanischen Staat über Nacht ein funktionierendes Rentensystem eingeführt werden kann, wären zuerst einfachere Massnahmen angebracht. Man könnte in einem Entwicklungsland eine kleine Kopfsteuer auf Kinder einführen, die die Eltern direkt an einen alten Menschen abliefern müssten. So würden Kinder zu einer finanziellen Belastung und die Geburtenrate dürfte sinken, wie es schon in Europa geschehen ist und man hätte ein einfaches Rentensystem, ohne sich auf den Staat verlassen zu müssen. Der Kolonialismus verläuft heute in der Gegenrichtung. In früheren Jahrhunderten kamen die Europäer als Herrscher in die Entwicklungsländer. Heute wird Europa von den Menschen aus den Entwicklungsländern kolonisiert.

Frage: Abgesehen von der grauen Theorie: Sind Ihnen überhaupt in Afrika und/oder Europa politisch/wirtschaftlich/gesellschaftlich bedeutsame Akteure bekannt, die eine solche Marschrichtung in Erwägung ziehen?

Antwort: Die ‹Stiftung Weltbevölkerung› bietet auf ihrer Webseite (www.weltbevoelkerung.de) viele Informationen zum Thema Bevölkerungswachstum an. Die Schweizer Vereinigung ‹ecopop› hat eine Initiative ‹Stopp der Überbevölkerung› eingereicht. Einerseits soll das Bevölkerungswachstum der Schweiz beschränkt werden, andererseits sollen 10 Prozent der Entwicklungshilfeausgaben in die Familienplanung investiert werden.