Leserfrage zum Propheten Mohammed

Alternative Islamgeschichte

Beim Kreuz des Propheten

Von Wolfgang Kaufmann

Aus muslimischer Sicht ist der Koran die Niederschrift der wörtlichen Offenbarungen, welche Allah dem Propheten Mohammed zwischen 610 und 632 nach Christus zuteil werden liess; dies schliesst logischerweise aus, dass ältere textliche Vorstufen existieren. Daher sieht die traditionelle Islamwissenschaft ihre Aufgabe auch nicht darin, das Heilige Buch des Islam entstehungsgeschichtlich oder anderweitig historisch-kritisch zu interpretieren.
Das gleiche gilt für den Umgang mit der muslimischen Literatur über Mohammed, welche im 9. und 10. Jahrhundert, also zwei- bis dreihundert Jahre nach den postulierten Ereignissen, auf der Basis einer angeblichen äusserst zuverlässigen mündlichen Überlieferung entstand. Vielmehr wird nach folgendem Prinzip verfahren: Alles, was aus der Gahiliyya, also der vermeintlichen ‹Zeit der Unwissenheit› vor der ersten Offenbarung, stammt, bleibt unbeachtet – dahingegen behandelt man den Koran und die Berichte über die Taten und Worte des Propheten als Quelle unumstösslicher ‹Gewissheiten›.