Nur noch Tauben am Trafalgar Square

Ein Gespräch mit dem Verhaltensforscher und Bestsellerautor Desmond Morris über die Ursachen des Sterbens der Wildtiere
Moritz Schwarz/Volker Kempf

Herr Morris, das Artensterben geht rasanter vor sich als zur Zeit des grossen Sauriersterbens. Was heisst das Ihrer Einschätzung nach?
Morris: Das bedeutet für uns, die menschliche Bevölkerungsentwicklung genau zu beachten, denn obwohl wir dies und das tun, um zu verhindern, dass Arten aussterben, ist das Hauptproblem schlicht die Verdrängung der Tiere durch den Menschen. Selbst wenn es uns gelingt, bedrohte Arten zu retten, wohin sollen diese letztlich ausweichen, wenn wir ihren Lebensraum besetzen? Nehmen Sie nur Afrika als Beispiel, dort verdoppelt sich die menschliche Bevölkerung innerhalb von zwanzig Jahren! Schliesslich wird es Wildtiere nur noch in Nationalparks geben, und diese schrumpfen dann auch noch Jahr für Jahr. Was in Afrika gar langfristig droht, ist, dass sich Nationalparks in Grosszoos verwandeln.

Also entweder Mensch oder Tier?
Morris: Natürlich sollen sich die Menschen fortpflanzen. Nur gilt es Umfang und Geschwindigkeit zu bedenken. Haben wir eine hohe Fortpflanzungsrate, sinkt im Übrigen ja auch der mögliche Lebensstandard für das einzelne Individuum. Wir vertreten aber die Auffassung, der Mensch habe ein Recht, seinem Leben eine gewisse Qualität zu verleihen. Biologisch gesehen, führten die Menschen prähistorischer Zeiten ein wesentlich qualitätvolleres Leben als die Leute heute in Afrika, denn sie hatten enormen Raum zur Verfügung. Viele Menschen Afrikas leben in Armut und überfüllten Slums heute schlechter als ihre steinzeitlichen Vorfahren. Wenn zwei Menschen zwei Kinder haben, ersetzen sie sich selbst. Haben sie aber, wie in Afrika, im Schnitt acht Kinder, so vervierfachen sie sich innerhalb einer Generation. Da nicht alle Nachkommen einer Population überleben, müsste man einen Schnitt von drei Kindern etwa für Afrika anpeilen, um eine stabile Bevölkerungszahl zu erreichen. Acht Kinder aber bedeutet nicht nur, dass diese in Überbevölkerung leben müssen, sondern langfristig auch die Auslöschung anderer Arten. Alle grösseren Formen von Wildtieren werden dann früher oder später vom Antlitz unseres Planeten weitgehend verschwinden. Das Problem ist, dass die Leute, die sich um die Bewahrung des Wildlebens gekümmert haben, sich nicht trauten, auch von einer Eindämmung der Menschen zu sprechen. Als ich diese Forderung in den sechziger Jahren in meinem Buch ‹Der nackte Affe› das erste Mal aufstellte, war ich ja fast allein mit dieser Meinung. Dabei hatten wir damals nur drei Milliarden Menschen Weltbevölkerung. Inzwischen sind es sechs Milliarden*. In Europa ist die Rate ja akzeptabel, denn hier verdoppelt sich die Bevölkerungszahl lediglich in einem Zeitraum von etwa fünfhundert Jahren. Aber dort, wo tatsächlich die Wildtiere leben, galoppiert das Bevölkerungswachstum davon.

*Anm. Billy: Gemäss plejarischen Kontroll-Abklärungen beträgt die Bevölkerung Ende Jahr 2010 der Erde bereits mehr als 8,1 Milliarden.