Offener Brief

Zwar wurden Deutschsprachige verschiedentlich bereits im 18. Jahrhundert als Bedrohung für die sprachliche Einheit Amerikas wahrgenommen, aber endgültig wendete sich das Blatt erst, als die USA 1917 in den Ersten Weltkrieg eintraten und eine starke anti-deutsche Haltung in der Bevölkerung initiiert wurde. Besonders deutsche Einwanderer wurden beschuldigt, für das Deutsche Reich Partei zu ergreifen, und es galt schnell als unpatriotisch, Deutsch zu sprechen. In dieser Zeit wurden nicht nur viele Orte mit deutschen Namen umbenannt, sondern viele Familien anglisierten auch ihre Namen aus Furcht vor Diskriminierung

So wurden Schmidt und Schmid zu Smith, Schneider zu Snyder oder Tailor und Müller zu Miller usw. Fast alle schränkten den Gebrauch der deutschen Sprache derart drastisch ein, dass sie sich nicht einmal mehr trauten, ihrem Nachwuchs die eigene Muttersprache beizubringen. Viele Staaten verboten nicht nur den Gebrauch von Deutsch in der Öffentlichkeit, sondern auch den deutschen Sprachunterricht an öffentlichen Schulen. In Ohio, Iowa und Nebraska wurde der Deutschunterricht vorübergehend sogar an Privatschulen verboten. Das Ganze artete in eine richtiggehende anti-deutsche Hysterie aus, deren Folgen nicht wieder rückgängig gemacht werden konnten – Deutsch verschwand fast völlig aus der Öffentlichkeit. Später wurde dann sogar behauptet, dass man nur knapp der Übernahme durch die deutsche Sprache und dem damit einhergehenden Einfluss der deutschen Denkart entgangen sei. Tatsächlich fand aber das Englische in den USA nie eine legale Verankerung als Staatssprache. Und Wahrheit ist auch, dass heute mehr als 97% der US-Bevölkerung Englisch spricht, nachdem ähnliche Kampagnen wie gegen das Deutsche auch gegen angebliche Bedrohungen durch Spanisch und asiatische Sprachen lanciert worden waren.
Heute ist Deutsch in den USA die drittpopulärste Fremdsprache nach Spanisch und Französisch, und die deutsche Sprache wird wieder gezielt gefördert. An sechs Bildungsministerien in den USA (Kalifornien, Georgia, Pennsylvania, Virginia, Washington und Wisconsin) gibt es sogenannte ‹language consultants›, die sich speziell um Deutsch als Fremdsprache kümmern. Diese Experten helfen auf bundesstaatlicher und regionaler Ebene, Fremdsprachenkonzepte und einheitliche Standards für Deutsch zu entwickeln.