Wodurch wird ein Mensch zum Amokläufer ...

Wenn männliche Gewalt als Problemlöser und Erfolgsmodell verherrlicht wird, bestärkt das bei ihnen die bereits vorhandene Machoorientierung und baut Hemmungen ab, selber Gewalt einzusetzen.

Auch der Amoklauf von Erfurt gibt Anlass dazu, dieses Thema anzusprechen. Bei dem Täter wie bei vielen anderen der jüngeren Amokläufer fällt eines auf: ihre Tötungsfantasien und ihr Vorgehen haben sie offenkundig an Bildern aus Computerspielen oder Horrorfilmen konkretisiert. Das trifft für die Schüler von Littleton ebenso zu wie auf den Täter von Reichenhall oder den 19-jährigen Robert Steinhäuser. Die Polizei hat bei ihm später mehrere als jugendgefährdend eingestufte PC-Spiele und Gewaltfilme gefunden und von Mitschülern erfahren, dass er sich mit ihnen intensiv beschäftigt hat.

Angesichts dieser Erkenntnisse stellt sich die Frage, wie der Staat den ineffektiv gewordenen Jugendschutz wieder stärken könnte. Hierfür kommen mehrere Wege in Betracht. So könnte versucht werden, durch gesetzliche Regelungen zu erzwingen, dass die Ausstrahlung jugendgefährdender Filme im Fernsehen noch stärker als bisher eingeschränkt oder sogar vollständig verboten wird. Offen ist dann allerdings, wem im Hinblick auf die verschiedenen Typen von Filmen und sonstigen Sendungen die Definitionsmacht zur Feststellung der Jugendgefährdung übertragen werden sollte. Ferner dürfte sich als grosse Hürde erweisen, dass gegen diese Lösung des Problems erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht werden. Angesichts dieser Schwierigkeiten habe ich versucht, das Ziel einer Reduktion von Gewaltexzessen im Fernsehen durch einen Appell an die Werbepartner der privaten Fernsehsender zu erreichen. Letztes Jahr habe ich bei 60 Firmen angefragt, ob sie angesichts der oben dargelegten Gefahren nicht darauf verzichten wollen, in jugendgefährdenden Gewaltfilmen zu werben, die gegenwärtig erst nach 22.00 Uhr bzw. 23.00 Uhr gesendet werden dürfen. Kürzlich hat sich ferner Bundespräsident Rau in einem Stern-Interview mit einem entsprechenden Aufruf an die deutsche Wirtschaft gewandt. Hätten wir damit Erfolg, müssten die privaten Fernsehsender zur Erzielung von Werbeeinnahmen bessere Filme anbieten.