Brief an Marvin

Die Regeln des Menschseins. Sie sind wohl der Grund und ausschlaggebende Punkt für Deinen Wunsch, bei Gleichgesinnten zu sein. Die Menschen auf der Erde verhalten sich nicht mehr so, wie sie müssten, nämlich nach den Gesetzen der Natur. Um die Gründe hierfür zu nennen, könnte man einige Bücher füllen. Doch diese Bücher gibt es bereits und das ist auch der Grund, den ich habe, nicht weiter auf das Fehlverhalten anderer Eltern einzugehen. Willst Du diese Bücher lesen, dann musst Du sie nur nehmen und verstehen lernen. Wo sie stehen, weisst Du. Nehmen musst Du sie dir selbst.

Meinen Platz sehe ich also aufgrund der genannten Punkte bei uns zu Hause, und zwar von ganzem Herzen; das bedeutet nicht das Haus, sondern ihr seid mein Lebensmittelpunkt. Ich gehe meiner Arbeit nach, versuche Euch ein Freund zu sein; versuche fleissig zu sein und versuche auch – so wie Ihr – mich fortzubilden. Manchmal schlafe ich wegen den langen Arbeitszeiten und den dazugehörigen Pendlerfahrten bei der Atmungsachtsamkeit ein, doch gebe ich hierbei nicht auf, und wenn ich heute einschlafe, so halte ich morgen durch. Für die Menschen bei uns, die mehr oder weniger weit entfernt sind von dem Weg der Tugend und somit vom richtigen Menschsein, versuche ich ein Beispiel zu sein. Ich nehme mir Personen als Beispiel, die in bestimmten Situationen besser handeln als ich, damit ich in der nächsten ähnlichen Situation auch besser handeln kann. Beispiel sein bedeutet, dass man etwas Gutes in Wort oder Tat macht und andere Menschen dies mitbekommen bzw. davon Kenntnis nehmen und gerade diese Tat oder das gesprochene Wort als richtungweisenden Gedanken in sich aufnehmen und dann in einer ähnlichen Situation ähnlich handeln. Als Praxisbeispiel möchte ich gerne Madeleine aus dem Center nennen: Sie hat nach dem Abendbrot unsere Teller genommen und abgewaschen, ohne dass sie darum gebeten wurde. Du hast dies erkannt, gingst zum Abwasch und halfst Madeleine dabei. Dein Freund blieb sitzen. Madeleine war also in dieser Situation ein Beispiel für Fleiss. Du hast dies gesehen, Madeleines Handeln als Beispiel erkannt und als gutes Vorbild gewertet. Dann bist Du selbst zum guten Beispiel geworden, indem du freiwillig geholfen hast. Dein Freund wertete die Handlung nicht als Beispiel, was nicht schlimm ist. Jeder Mensch ist individuell, was bedeutet, dass jeder Mensch andersartige Interessen, Gedanken und Erkenntnisse hat. So bedarf es eben durch diese Individualität oftmals vieler gleicher Beispiele, bis jemand aus dem Alltagstrott aufwacht, etwas Gutes erkennt und es nachmachen will. Es ist ein ‹Stein des Anstosses›, den man als Beispiel gibt.
Was ich damit zum Ausdruck bringen will ist, dass unsere Arbeit dann anfängt, wenn wir die FIGU verlassen. Wir müssen für alle Menschen ein gutes Beispiel sein, egal wo, egal wann, und egal wie wir uns gerade fühlen. Wir müssen immer ein gutes Beispiel sein in der Hoffnung, dass andere Menschen uns sehen, verstehen und genauso handeln wollen, um dann später auch zu einem Beispiel zu werden, damit andere Menschen von ihnen abgucken und aus dem Abgeguckten lernen. Dies geht immer weiter, bis die Menschen mit schlechten Tugenden anfangen, sich zu verbessern, sich bessere Gewohnheiten anzueignen und dadurch bessere Gedanken hegen.