Machos, Feinde der Menschheit

Zu dieser Beobachtung passt die vom Hamburger Kriminologen Klaus Sessar gewonnene Erkenntnis, dass weibliche Richter und Staatsanwälte dem Konzept der Wiedergutmachung und des Täter-Opfer-Ausgleichs wesentlich aufgeschlossener gegenüberstehen als männliche. Männer wiederum sprechen sich öfter für harte Strafen aus und plädieren erheblich häufiger als Frauen für die Wiedereinführung der Todesstrafe.

Die Erkenntnisse zur Gewaltkriminalität und zum Umgang mit ihr lassen sich durchaus auf Terror und Krieg übertragen. Ein Blick in die Gegenwart: Die Eta-Bomben in Spanien, der Konflikt an der Grenze von Albanien und Mazedonien, der alltägliche Kampf zwischen Palästinensern und Israelis oder die Terrorangriffe der von Bin Laden befehligten radikalen Muslime – dies alles sind von Männern beherrschte Gewaltakte. Und auch die Kriege der letzten zehn Jahre sind Macho-Kulturen und ihren machtgierigen Herrschern zuzurechnen. Man denke nur an Saddam Hussein, Milosevic oder Kabila.
Die Protestkundgebungen gegen Terror und Krieg hingegen werden meist von Frauen organisiert und dominiert. Zum Frieden in Nordirland riefen zuerst die Frauen auf und erhielten hierfür den Friedensnobelpreis. Die beharrlichen Demonstrationen der Mütter von getöteten Gegnern der argentinischen Militärjunta sind uns immer noch im Gedächtnis. Auch in Jugoslawien waren es Frauen, die als erste öffentlich gegen den Wahnsinn des Bürgerkrieges aufstanden.

Angesichts der deutlichen Unterschiede, die sich in Einstellungen und Verhaltensweisen von Männern und Frauen zeigen, stellt sich die Frage, ob sie das Ergebnis unterschiedlicher Erziehungsmuster sind oder ob man sie als Ausdruck genetischer Prägungen interpretiert. Der Streit über diese Frage bewegt die Wissenschaft seit vielen Jahrzehnten. Den aktuellen Stand der Debatte hat Ende 1998 der amerikanische Sozialwissenschaftler Francis Fukuyama in seiner brillant geschriebenen Studie ‹Frauen und die Evolution in der Weltpolitik› analysiert. Unter Berufung auf eine Reihe neuer Foschungsbefunde gelangt er zu der Einschätzung, dass der biologisch-genetische Erklärungsansatz sehr an Boden gewonnen hat. Die empirisch ebenfalls gut belegte Gegenthese, wonach das Verhalten von Männern und Frauen stark durch geschlechtsspezifische Erziehungs- und Rollenmuster geprägt ist, behält für ihn aber ebenfalls Gültigkeit – nur nicht mehr in der Ausschliesslichkeit, mit der sie vielfach vertreten wird.