Der israelische Fehlschlag und seine Folgen

Von Uri Avnery, Israel 3.8.2006

Eingesandt von G. Caldano, Deutschland

Mit freundlicher Genehmigung von Ellen Rohlfs

Der Tag nach dem Krieg wird der Tag der langen Messer sein.

Jeder wird jedem die Schuld geben. Die Politiker werden einander beschuldigen. Die Generäle werden einander beschuldigen. Die Politiker werden die Generäle beschuldigen. Und vor allem werden die Generäle die Politiker beschuldigen. Immer, in jedem Land und nach jedem Krieg, in dem die Generäle versagen, taucht die Legende vom ‹Messer im Rücken› wieder auf. Wenn doch nur die Politiker die Armee nicht in dem Augenblick gestoppt hätten, als sie gerade im Begriff war, einen glorreichen, vernichtenden, historischen Sieg zu erringen …

Dies geschah in Deutschland nach dem 1. Weltkrieg, als durch diese Legende die Nazibewegung geboren wurde. Dies geschah in Amerika nach Vietnam. Das ist, was hier geschehen wird. Die ersten Regungen sind schon zu spüren. Die einfache Wahrheit ist, dass bis jetzt, am 22. Tag des Krieges, kein einziges militärisches Ziel erreicht worden ist. Derselben Armee, die 1967 in nur sechs Tagen drei grosse arabische Armeen vernichtend geschlagen hat, ist es nicht gelungen, eine kleine ‹Terroristenorganisation› in einem Zeitraum zu besiegen, der schon länger als der bedeutende Yom-Kippur-Krieg ist. Damals hatte die Armee in nur 20 Tagen Erfolg, indem sie eine anfängliche niederschmetternde Niederlage am Ende in einen überwältigenden militärischen Sieg verwandelte. Um den Eindruck des Erfolgs zu erwecken, behaupteten Militärsprecher gestern, dass «es uns gelungen ist, 200 (oder 300 oder 400 - wer zählt sie schon?) der 1000 Hizbollah-Kämpfer zu töten». Die Behauptung, dass die ganze furchteinflössende Hizbollah aus 1000 Kämpfern bestand, spricht allein schon Bände.

Korrespondentenberichten zufolge ist Bush frustriert. Die israelische Armee hat ‹es nicht geschafft›. Bush hat sie im Glauben in den Krieg geschickt, dass die mächtige Armee - ausgestattet mit den modernsten amerikanischen Waffen - innerhalb weniger Tage ‹den Job erledigen› werde. Sie sollte die Hizbollah eliminieren, den Libanon den Marionetten der USA übergeben, den Iran schwächen und vielleicht auch den Weg zu einem ‹Regimewechsel› in Syrien vorbereiten.