Das Alter in der Neuzeit oder …

… über den respektlosen Umgang mit alten Menschen!

Wenn es nach den Medien und der Werbebranche ginge, dann gäbe es in unserer neuzeitlichen Gesellschaft keine alten Menschen. Jugend, Schönheit und Körperkult werden in unserer Konsumwelt als oberste Maxime verehrt. Auf den Laufstegen der Modewelt sind sie zu sehen, die makellosen Vorbilder menschlicher Traummasse. Scheinbar für die Ewigkeit wird Noblesse, Schein und Glanz zur Schau getragen. Wohin man blickt pulsiert das Leben. Auf Plakaten retuschiert und manipuliert, im Weltformat als Party zelebriert, in schillernden Farben als Sinn des Lebens suggeriert. Das Leben ist jung, erfolgreich, kraftvoll und mit stählernen Muskeln, glänzendem Haar und strahlend weissen Zähnen. So haben sie angeblich zu sein; gesund, schön und stark, die Menschen auf unserem Planeten.

Die Werbung preist die Jugend als Inbegriff des Lebens, des Erfolges, der Liebe und Glückseligkeit. Eindringlich werden die Scheinwerte eines Attrappenlebens in den Köpfen der Menschen verankert. Vergessen wird die Vergänglichkeit des Lebens und verdrängt wird dabei das Altern des menschlichen Körpers. Doch wir Menschen werden älter mit jedem Tag unseres Lebens, und das Sterben, als Übergang zum Totenreich, begleitet uns mit jedem Atemzug. Eines Tages wird auch der stärkste Muskelstrang erlahmen, die schönste Brust erschlaffen, die straffste Haut mit Falten und Furchen überzogen sein, und schwarzes Haar in hellem Weiss erstrahlen. Schlaffheit und Zerfall werden dann der Jugend weichen, besiegt von einem stets ungenannten und alltäglich verdrängten Feind des Jugendwahns und falscher Schönheitsideale.

Doch für Vergänglichkeit, Falten und körperliche Makel ist unsere Gesellschaft eigentlich nicht vorgesehen. Das Alter wird zur Bedrohung und diskret verbannt, verdrängt aus dem Bewusstsein und dem Arbeitsleben, verbannt aus der Gesellschaft und hinter Mauern der Vergänglichkeit versteckt, die man Altersheime nennt. Das offizielle Arbeitsverbot wird als Pensionierung verkauft, mit einer Rente honoriert, die, regelmässig gekürzt und mit Steuern belegt, kaum mehr zum Leben reicht.

Unschätzbare Kapazitäten werden so verschwendet, Wissen und Lebenserfahrung weggesperrt, auf Gartenbänke gesetzt und in Spiel- und Altersnachmittagen unterhalten. Nun beginnt ein neues Leben, der Lebensabend, und eigentlich hat man darauf bereits ein Leben lang gewartet. Plötzlich ist er da, unerwartet und eine grosse Gefahr, zumindest für alle jene, welche davon nicht betroffen sind; und für die Renteninstitute.