An alle Regierungen ...

Dass die verhältnismässig wenig bevölkerten skandinavischen Länder höchste Pro-Kopf-Einkommen, florierende Volkswirtschaften und gut funktionierende Wohlfahrtseinrichtungen aufweisen, wurde natürlich nicht in Betracht gezogen. Ausserdem ging man davon aus, dass eine Begrenzung bzw. Abnahme des Wachstums seitens des Westens den Ländern des Ostblocks zum Vorteil gereiche. Deshalb wurden die Urheber des Berichts als gefährliche Revoluzzer und Verräter des Westens bezeichnet. Es wurde auch eingewendet, dass der Fortschritt in bezug auf technische Erfindungen sowie die unsichtbare und vorsehungsähnliche Hand des Wirtschaftsmarkts und dessen natürliche Gesetze zukünftig jedes Ressourcenverknappungsproblem lösen würden und dass deshalb überhaupt kein Grund bestehe, sich Sorgen um das Bevölkerungswachstum zu machen. Dann erhoben sich auch laute Stimmen in der katholischen Kirche, die arge Kritik am Bericht ausübten, weil aus ihrer Sicht jede Nachkommenszeugung, egal in welchem Mass, sowie alles Leben nach ‹christlicher Lehre› ein Geschenk und Werk Gottes und seiner Vorsehung ist und deswegen die Menschen kein Recht haben, in die göttlichen Pläne einzugreifen, um die Menschenvermehrung zu regeln bzw. zu vermindern, denn in der Bibel stehe doch klar geschrieben: «Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde.»
Aber auch unter den Linken und Achtundsechzigern waren starke Einwände und Widersprüche zu hören, die darauf hinausliefen, aufzuzeigen, dass die in dieser Studie vertretenen Ideen dazu führen würden, die Privilegien und die Vormachtstellung der Kapitalisten und der Herrscherklasse zu untermauern, weil sich durch Wachstumsreduzierung die Armut und die sozialen Unterschiede weiter verschärfen würden.
Auf Regierungsebene waren die Reaktionen auch nicht anders, denn in den Ostblockländern war man der Überzeugung, dass die Zukunftsdesaster, vor denen im Bericht gewarnt wurde, nur für die kapitalistischen Staaten gälten, weil die höhere Organisationsfähigkeit sozialistischer Systeme ermögliche, das Verhältnis zwischen Güterproduktion und Bevölkerungswachstum durch zentrale Planwirtschaft und Staatsmacht zu regeln, damit keine Umweltzerstörungen zustande kämen. Doch die Tatsache, dass gerade in jenen Ländern das Gegenteil der Fall war und dort zur Zeit der Sowjetunion schlimmste Ökokatastrophen geschahen, wurde in den folgenden Jahren und besonders nach dem Mauerfall offensichtlich.
Aus diesen Beispielen geht klar hervor, dass jede Partei, jede soziale Gruppe und Schicht sowie jedes Land und jede Regierung die Verantwortung für eine Reduzierung des Bevölkerungswachstums auf andere schob und schiebt, der Norden auf den Süden, der Osten auf den Westen und umgekehrt, sodass im Endeffekt jeder seine Hände in Unschuld wäscht und meint, dass diese umfassende Erdenplage immer nur andere betreffe und nicht sie selbst und dass die Aufgabe, ihr entgegenzuwirken, deshalb nur den andern zustehe. Auch heutzutage sehen die Dinge diesbezüglich ähnlich aus, obwohl der Kalte Krieg beendet ist und die sogenannte Globalisierung alle Probleme in bezug auf die Überbevölkerung durch Massenemigration und asiatischen Wirtschaftsboom noch verstärkt hat. Doch unter den Globalisierungsgegnern ist keine Bereitschaft und Fähigkeit festzustellen, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie tatsächlich ist, um allen Übeln der Erde konsequent auf den Grund zu gehen, sondern sie wollen diese nur nach ihren äusseren Symptomen und nicht nach der wahren, tiefen Ursache bekämpfen. Dagegen ist in den Augen der wirklichen Realitätsbeobachter und Realitätsforscher der enge Zusammenhang zwischen starkem Bevölkerungswachstum einerseits und Kriegen, Konflikten, Terror, Anarchie, Massakern, Völkermorden und Revolutionen usw. innerhalb der einzelnen Länder und auf globaler Ebene andererseits, immer offensichtlicher (was natürlich nicht bedeutet, dass die Überbevölkerung die einzige Ursache von Konflikten, Kriegen usw. ist), so wie es auch aus den Forschungsergebnissen des deutschen Völkermordforschers und Demographen Gunnar Heinsohn klar und deutlich hervorgeht.