Staub vergeht – Geist besteht

Nach vorne schauen

Was mir nach dem Dahinscheiden meines geliebten Ehemannes überhaupt nicht wehtut, ist der Gedanke an die Zukunft, nach dem Motto: Den Blick immer nach vorne richten! Wenn ich mir also eine Freude machen will, denke ich manchmal darüber nach, wo sich im nächsten Leben die Nachfolgepersönlichkeiten von mir und meinem einst gewesenen Lebensgefährten wieder begegnen können. Vielleicht werden sie sich im Semjase-Silver-Star-Center treffen. Wer weiss? Eines jedoch ist sicher: Wo und wann immer sie sich dereinst treffen mögen, werden sie sich erneut sehr vertraut vorkommen und ein zutiefst empfundenes Gefühl haben, dass sie sich schon seit langem kennen, und sie werden sicher erneut beschwingte Gespräche miteinander führen und sich gegenseitig glücklich stimmen. Vielleicht werden sie sogar einen neuen Bund eingehen – als Freunde, Lebenspartner oder was auch immer – und im nächsten Leben wiederum vieles gemeinsam entdecken, erforschen, erlernen, erarbeiten und gemeinsam neue Wege beschreiten und miteinander immer weiter evolutionieren. Solche Gedanken sind für mich natürlich sehr tröstlich.

Die Verarbeitung des Nichtbegreiflichen im Traum

Im November vergangenen Jahres wurde ich von meiner Schwägerin Tita, einer Schwester von Jurij, zu einem traditionellen amerikanischen Erntedankfest bei ihr und ihrer Familie eingeladen. Genau wie ihr Bruder, findet auch sie besondere Freude daran, ihre Mitmenschen mit kleinen Aufmerksamkeiten zu beglücken und mit ihren Kochkünsten zu verwöhnen. Es war ein zauberhafter Abend, mit dem ersten Schneefall draussen und einer heiteren Stimmung voller Wärme und Gemütlichkeit bei uns drinnen.
Sie und ihre Familie sind ein besonderer Trost für mich, seitdem Jurij gestorben ist. Eigentlich trösten wir uns gegenseitig, denn Jurijs Schwester und ihre Familie sind von seinem Tod schwer betroffen. Wir können miteinander über unsere kostbaren Erinnerungen reden, wie aber auch über unseren schmerzlichen Verlust und die Verarbeitung unserer Trauer. Nach dem Festmahl mit einem kastaniengefüllten Truthahn, im eigenen Saft geschmort, der meiner Schwägerin vortrefflich gelungen ist, sassen wir gemütlich beisammen und redeten unter anderem über Jurij. Mein Schwager erzählte uns, dass er ihn im Traum an der Isar getroffen und am Fluss entlang habe spazierengehen sehen. Jurij war dabei gut aufgelegt und erzählte meinem Schwager auf seine spitzbübische Art, mit funkelnden Augen und einem schelmischen Lächeln auf den Lippen, von vielerlei Abenteuern, die er seit seinem Ableben zusammen mit dem Tod erlebte, was mein Schwager aber beim Erwachen zum grössten Teil wieder vergessen hatte.