Die Menschheit muss zu einer wahren Gemeinschaft werden ...

... indem sich der einzelne zum Besseren, Guten und zum Richtigen wandelt

Ständig wird von einer menschlichen Gemeinschaft geredet, die zusammengehalten werden soll und die für dieses und jenes die Verantwortung zu tragen habe. In dieser Weise wird geredet in der Politik, in der Wirtschaft, bei den Religionen und Sekten und auch in allen Völkern. Damit aber wird von etwas geredet, das gar nicht existiert, weil es ganz einfach bis zum heutigen Tag keine Gemeinschaft in bezug auf die irdische Menschheit gibt. Ausserdem ist zu sagen, dass grundlegend missverstanden wird, was es bedeutet, überhaupt eine menschliche Gemeinschaft zu sein. Werden hierzu die Aussagen und ‹Erklärungen› diverser Philosophen herangezogen, dann ergeben sich daraus nicht selten äusserst verwirrende Aspekte, die ausserdem nichts Klares aussagen und zudem alles völlig falsch sowie kompliziert darlegen, folglich es kein vernünftiger Mensch verstehen kann. So legte z.B. Aristoteles (Politik I, 1 und 2) dar, jede Gemeinschaft bestehe um eines von ihr erstrebten Gutes willen, wobei dem Menschen die vollkommene Gemeinschaft der Staat sei, weil er ‹um des vollkommenen Lebens willen› bestehe. Der Mensch sei von Natur aus zur Gemeinschaft bestimmt (was ja auch der Wahrheit entspricht), doch wer nicht in Gemeinschaft leben könne oder ihrer nicht bedürfe, sei ‹entweder ein Tier oder ein Gott›.
Bei Plato wird der Staat und damit also auch die staatliche Gemeinschaft gleichsam als ein Bild des Menschen im Grossen dargestellt, als eine in sich gegliederte Ganzheit, als ‹Organismus›. Diese ‹organische Staatsauffassung› wurde dann wieder sowohl in der Romantik als auch von Schelling und Hegel vertreten. Der wesentliche Gehalt davon ist jedoch nicht der bildhafte Vergleich mit dem menschlichen Organismus, sondern die Idee beruht auf der Annahme eines schöpferischen Gesamtgeistes resp. eines Volksgeistes, der alle Seiten des Staatslebens durchwaltet und alles miteinander verknüpft. Hegel meint, der Staat sei die höchste ‹irdische› Gemeinschaft und damit die Verwirklichung der Sittlichkeit. Er meint, dass die Individuen in der Gemeinschaft in ihrer selbständigen Wirklichkeit ‹die absolute geistige Einheit ihres Wesens› haben. Also dürfe nicht als eine ‹Beschränkung der wahren Freiheit des Individuums› die ‹höchste Gemeinschaft› als ‹höchste Freiheit› angesehen werden, sondern als eine Erweiterung derselben, weil das Individuum in der Freiheit erst wahrhaft zu sich selbst komme.
In der Romantik (z.B. Adam Müller, Novalis) wird das Wesen der Gemeinschaft vornehmlich mit Hilfe des Begriffs Polarität gesucht, um es zu erfassen, so mit der notwendigen Wechselbezüglichkeit, mit der Unterscheidung und Anziehung zugleich, wie z.B. in bezug auf Mann und Frau, Vater und Sohn, Individuum und soziales Ganzes. Dazu wird gesagt, dass der Ausdruck in abgeschwächter Bedeutung oft zur Bezeichnung jeder Art von Sozialverbänden diene, ohne dass dabei der Sprachgebrauch eine feste Grenze zu ziehen erlaube, usw. usf.
All das ist für den Normalbürger, der nicht philosophisch ‹gelehrt› ist, so unverständlich, wie wenn ihm eine Kuh entgegentreten und mit ihm Spanisch sprechen würde. Daher ist es notwendig, dass über die Begriffe Gemeinschaft und Staat einige klare Worte gesagt und erklärt werden, wobei zu hoffen ist, dass sie verstanden werden: Um den Begriff Gemeinschaft als Staat etwas verständlich zu erklären, ist folgendes zu sagen: Beim Begriff Staat (gr. politeia, lat. res publica) handelt es sich um ein Lehnwort von lat. status (Zustand), das im Mittelalter eingebürgert wurde und einen rechtlich organisierten und dadurch handlungsfähigen sozialen Verband (Stand) darstellt, der über ein bestimmtes Gebiet aus eigenem Recht herrscht. Der Staat stellt eine soziale Handlungs- und Willenseinheit dar, eine mit ursprünglicher Herrschermacht ausgerüstete Verbandseinheit sesshafter Menschen. Mit anderen Worten gesagt, handelt es sich um eine unabhängige Macht eines rechtlich geeinten Volkes, das sich als solches im Wechsel seiner Mitglieder erhält und das sich durch die Macht der Regierenden und des Volkes als Willensorgan repräsentiert resp. darstellt und verwirklicht. In diesem Sinne ist der Staat die eigentliche Macht, wobei er auch eine Gebietseinheit verkörpert, über die sich sein Herrschaftswille ebenso erstreckt wie auch über alle Bewohner des ihm eigenen Raumes. In diesem Sinn ist der Staat auch die Macht, seinen Willen regelmässig und mit gesetzlicher Befugnis und Vollmacht durchzusetzen. Massgebend sind die ‹Elemente› des juristischen Staatsbegriffs, wobei in dieser Beziehung drei Formen ‹Staatsvolk›, ‹Staatsgebiet› und ‹Staatsgewalt› gelten, wobei letztere sich über die beiden anderen Formen erstreckt.