Stollfuss...

Es kann sehr gut mit einem Stollfuss gelebt und umgegangen werden, wenn er sich denn ruhig verhält und beim Gehen nicht behindert und eigens keine Schwierigkeiten und Probleme bereitet. Entscheidend sind hierbei die persönliche Einstellung und das eigene Verhalten gegenüber einer diesartigen Behinderung.
Die Küche des Semjase-Silver-Star-Centers hatte sich im Laufe der Jahre und gemäss den räumlichen Gegebenheiten zu einem Dreh- und Angelpunkt, Speise-, Arbeits- und Aufenthaltsraum entwickelt. Oft erweckt sie den Eindruck eines belebten Bahnhofes, auf dem sich die Reisenden aus aller Welt die Klinke in die Hände drücken. Wie üblich in diesen Nächten, erschien gegen 01.00 Uhr morgens auch ‹Billy›, der sich in einer Schaffenspause kurz verköstigte und sich nach meiner Befindlichkeit erkundigte. Es entspricht nicht meinem Wesen, ein Kind des Jammerns und des Klagens zu sein. Zeitlebens waren mir die schmerzlichen körperlichen Einschränkungen zur Gewohnheit, jedoch nie Anlass zu Gejammer geworden. Das Altern mache sich gegenwärtig mit Schmerzen an meinem Stollfuss bemerkbar, liess ich ihn meinerseits dennoch wissen. Die Zeit für ein längeres Gespräch war jedoch knapp, denn in 15 Minuten begann bereits mein nächster Turnus. Nachdem wir einige Worte gewechselt hatten, war es an der Zeit, die nächste Runde unter die Füsse zu nehmen. Kurze Zeit später humpelte eine dunkle Gestalt über den oberen Parkplatz in Richtung Kinderschaukel. Gegen 01.30 h waren beim Wohnhaus die Schritte von ‹Billy› und das Klimpern seines Schlüsselbundes zu hören. Zielstrebig überquerte er, in der Dunkelheit verschwindend, den Hofplatz. Mit offenen Ohren, aufmerksam und mit geschärften Sinnen, führten mich meine Wege weiter unbehelligt durch die Nacht. Die Vorsicht sowie die Achtsamkeit sind die Mutter dieser Wachegänge, denn es existieren so manche dunkle Ecken, hinter denen sich aus eigener Erfahrung unangenehme Gesellen verstecken könnten.
Seit dem Verlassen der Küche waren rund zwanzig Minuten vergangen. Noch immer begleitete mich der stechende Schmerz in meinem linken Fuss und behinderte meinen Gang. Auf dem Hofplatz, in der Nähe des Fahrradunterstandes angelangt, machte sich plötzlich in meinem linken Knöchel ein eigenartiges Kribbeln bemerkbar. Dieser Umstand wäre mir nicht besonders aufgefallen, wenn es sich um den mir seit jeher bekannten Schmerz gehandelt hätte, der sich wie gewohnt in seiner Art und Intensität gelegentlich etwas veränderte. Dieses eigenartige Verhalten war mir jedoch bisher völlig unbekannt und absolut aussergewöhnlich. Zeitlebens hatte mir der behinderte Fuss so manche unerträgliche oder unbehagliche Schmerzen und Überraschungen bereitet.