Der Goldkessel vom Chiemsee

Derzeit steht der Kessel noch in einem Tresor der Archäologischen Staatssammlung in München, wo er seit dem Fund untersucht wurde. Der schwere Behälter aus 18-karätigem Gold hat einen Materialwert von 100000.- Euro.

Beeindruckender als sein Wert sind aber die Theorien, die sich um die Herkunft des keineswegs vorchristlichen Fundes ranken. So könnte laut ARD-Reporter Hackl der Auftraggeber für den Topf im sogenannten ‹Amt Rosenberg› zu finden sein, dessen Leiter, Alfred Rosenberg, ab 1934 Beauftragter für die Überwachung der gesamten geistigen Erziehung im Deutschen Reich war. Rosenberg plante am Chiemsee für die Zeit nach dem Krieg die Errichtung der ‹Hohen Schule der NSDAP›, einer zentralen Stelle für Forschung, Lehre und Erziehung. Die ‹Hohe Schule› wurde zwar nie gebaut, doch ist anzunehmen, dass der Kessel in irgendeinem Zusammenhang mit dem Bauprojekt stand.

Sein Ende könnte der Topf gefunden haben, als die Front und die Amerikaner näherrückten: Da die Schule nie mehr gebaut werden würde, wollte man den teuren Topf nicht dem Feind überlassen.

Die Darstellungen auf dem Topf sprechen auf alle Fälle für einen Auftrag aus dem Hause Rosenberg, denn der Nazi-Chefideologe pflegte esoterische Ideen und mythologisches Gedankengut:

Stieropferkulte, eine gehörnte Schlange und Menschenopfer reihen sich auf der Innen- und Außenseite des Kessels aneinander. Auch der Mond ist dargestellt, was ein deutlicher Hinweis auf ein rosenbergsches Hausprodukt wäre, denn in der ‹Hohen Schule› sollte auch ein astronomisches Zentrum errichtet werden. Ansonsten hatte die Kreativität der Hersteller ein bekanntes Vorbild: Die Themen und die Anordnung der Darstellungen orientieren sich an einem original-keltischen Silberkessel, der 1891 in einem dänischen Moor gefunden worden war. Völlig unklar ist, wo und von wem der Chiemseekessel hergestellt wurde.

«Das Gold ist gewalzt nicht gehämmert», sagt Autor Hackl, «das kann nicht in einer kleinen Werkstatt gemacht worden sein.» Die Auftragsbücher der damaligen, metallverarbeitenden Betriebe könnten näheren Aufschluss geben. «Vielleicht melden sich auch Zuschauer, die mit dem Kessel zu tun hatten», hofft der Filmemacher.

Das bayerische Finanzministerium hat erst am Dienstag von dem Fund erfahren und will nun prüfen, wer die Eigentumsrechte an dem Kessel hat. Wird der Fund als ‹Schatzfund› bewertet, hätten Freistaat und Taucher gleiche Rechte am Goldkessel, sagte Sprecher Bernd Schreiber.

Wird der Kessel aber als ‹NS-Vermögen› eingestuft, wäre der Freistaat der alleinige Eigentümer: Denn sämtliche Eigentumsrechte an NS-Vermögen wurden nach dem Krieg von den Alliierten dem Freistaat Bayern übertragen.