Die Kriegslüge

«Bomben auf Bagdad», «Schlacht um Tikrit», wer erinnert sich nicht an diese Schlagzeilen in den Massenmedien während des Irak-Krieges. Wer erinnert sich nicht an jenen Mann namens George W. Bush, der in Pilotenuniform auf einem US-Flugzeugträger stolz das siegreiche Ende des Krieges bekanntgab. Und wer hat nicht in Erinnerung die Argumente, die der US-Präsident und sein Handlanger aus der Downing Street Nr. 10, Tony Blair, als Kriegsgründe angaben. Von Massenvernichtungswaffen war da die Rede, von Raketen, die innerhalb von 45 Minuten Tod und Verderben über die ‹freie Welt› bringen, und vom Irak als Schutzmacht des internationalen Terrorismus. Kriegsgegner wurden als Feiglinge deklariert, und wer es wagte, Erdöl und Profitgier als Kriegsgrund zu bezeichnen, galt als Lügner oder Phantast.<

Rasch aber wurden Bush und Blair von der Wirklichkeit eingeholt. Bis zum heutigen Tag gibt es keine Hinweise auf Massenvernichtungswaffen, keine Giftgasdepots und keinen friedlichen Übergang des Landes zur Selbstverwaltung. Die siegreichen Invasoren sowie die beistandleistenden Länder, allen voran Polen, werden nicht als Befreier vom blutigen Saddam-Terror gefeiert, sondern als brutal agierende Besatzungsmacht gesehen. Dass seit dem von Bush verkündeten Kriegsende mehr US-Soldaten ums Leben kamen als während der Kampfhandlungen und in Grossbritannien Tony Blair wegen des Selbstmordes eines engen Beraters in starke Turbulenzen kam, stört die Kriegstreiber jedoch wenig. Denn immerhin haben US-Konzerne Milliardenaufträge an Land gezogen, und die Erdölproduktion ist fest in amerikanischer Hand. Geradezu grotesk erscheint daher das Bemühen der USA, für die Befriedung und den Wiederaufbau des Irak die UNO und die Europäische Union mit Kostenbeteiligung und humanitärer Hilfe für die notleidende Bevölkerung zu gewinnen. Selbstverständlich unter amerikanischer Führung. Für das, was die USA und ihre Verbündeten zerstört haben, soll die internationale Staatengemeinschaft jetzt zahlen.<

Dass hier ernste Bedenken bestehen, liegt auf der Hand. Und der UN-Generalsekretär hat mit Unterstützung Deutschlands und Frankreichs bereits erklärt, dass die Vereinten Nationen Mitsprache bzw. Übernahme der Gesamtverantwortung beim Wiederaufbau verlangen. Vorläufig ziert sich Washington noch, aber die wirtschaftliche Lage der USA, die wachsenden sozialen Probleme und die anstehende Präsidentenwahl 2004 könnten noch etwas ändern. In jedem Falle aber haben die vergangenen Monate wieder einmal den Beweis erbracht, dass Krieg keine Lösung internationaler Probleme darstellt.

Der Pensionist Nr. 5/2003