Überbevölkerung und Rentenangst

Umgehend wird nämlich, wenn auch nicht ganz unbegründet, eine Überalterung trügerisch als gefährliche Folge der Einkindehe durch Familienplanung vorgeschoben. Ohne Kinder, so wird argumentiert, gebe es keine Rente im Alter. Ganz offensichtlich handelt es sich dabei jedoch um eine moderne Form längst überholter Traditionen sogenannter «Drittweltländer», dass nämlich viele Kinder den Lebensabend der Eltern sichern sollen. Eine Ansicht, die sich in den sogenannten «Entwicklungsländern» längst als Irrtum und Trugschluss erwiesen hat.

Eine Lösung dieses Problems wäre gegebenenfalls dann auch darin zu finden, arbeitswillige ältere Menschen im vorgesehenen Alter nicht einfach zu pensionieren. Viel eher sollte auch ihnen die Möglichkeit geboten werden, so lange wie möglich einer geregelten Arbeit nachzugehen. Auf diese Art und Weise könnten viele «Pensionierte», die nicht unter gesundheitlichen Einschränkungen leiden, eine beträchtliche finanzielle Verbesserung ihrer Situation erwirken.

Arbeit wirkt sich zudem positiv auf die psychische Verfassung und folgedessen auf die Gesundheit des Menschen aus. Es gibt viele Beispiele von zum Teil sehr alten Menschen, die selbst im hohen Alter von über neunzig und mehr Jahren noch immer einer geregelten Arbeit nachgehen. Als Beispiel gelten die vielen bekannten Schauspieler, aber auch der hundertjährige Coiffeur und Barbier am Rathausplatz in Stein am Rhein in der Schweiz, der seit rund 82 Jahren sein eigenes Geschäft betreut. Weiter aber auch der hundertjährige Bergführer in Zermatt, der bis vor kurzem noch die Touristen auf die Höhen führte sowie auch der rund 95jährige Drucker aus Andelfingen, der erst kürzlich verstarb. Unbemerkt von der Öffentlichkeit werkeln und arbeiten aber täglich noch viele alte Bauern und Bäuerinnen, Kleintierzüchter, Bastler/innen usw. in ihren Gärten und Werkstätten. Viele von ihnen wären bei Mangel an jungen Arbeitskräften durchaus willige und wertvolle Kapazitäten der Industrie, denn nicht jeder Pensionierte ist «erfreut» darüber‚ «endlich» zum «alten Eisen» geworfen zu werden - ganz im Gegenteil.

Selbstredend handelt es sich bei den noch immer erwerbstätigen alten Menschen der Gegenwart um Ausnahmen. Vielleicht jedoch nur aus dem Grunde, weil vielen alten Menschen nebst einer angemessenen Altersrente einfach nicht die Möglichkeit sinnvoller Erwerbstätigkeit geboten wird.

Die Zeit ist schnelllebig geworden. Leistung, Kapital, Jugend, Dynamik sowie Flexibilität, Controlling, Effizienz und Qualitätsmanagement sind Schlagworte unserer Gegenwart - Zeit ist Geld. Doch manchmal wären ein bisschen Bedachtheit sowie menschliche und einfühlsame Worte besser als Managementreview, Marketing, Forecasting oder «Consultants in Search and Selection».

Und so erinnere ich mich gerne zurück an den sanften und liebevollen Gesichtsausdruck meines alten Grossvaters; seines Zeichens selbständiger Unternehmer als Tagelöhner und zuständig für die Kerzen in der Nachtbeleuchtung der Strassenbaustelle seines Heimatdorfes - da war er 75.