Überbevölkerung und Rentenangst

Dennoch macht sich auch ein gegenteiliger Trend bemerkbar. In Europa sinken seit einigen Jahren die Geburtenraten. Immer mehr Frauen weigern sich, aus gutem Grund, mehr als ein Kind zur Welt zu bringen. Prompt treten die unverbesserlichen Panikschreier erneut auf den Plan und verkünden den Zusammenbruch der Wirtschaft, den Niedergang des gewohnten Wohlstandes und die Gefährdung der Altersrente.

In den jüngsten Tagen wurden «beängstigende» Zeitungsberichte über das Aussterben der Bevölkerung in der Schweiz und in Deutschland veröffentlicht.

Wird einerseits in verschiedenen Staaten, wie z.B. in China, die Überbevölkerung teilweise mit rigorosen und brutalen Mitteln bekämpft und alles daran gesetzt, die Geburtenrate zu senken, so bieten andere Länder wiederum Höchstprämien für jedes Neugeborene an.

Die Themen «Überbevölkerung» und «Bevölkerungsrückgang» sind nicht neu und wurden bereits vor zwanzig Jahren im GEO Nr. 12 vom Dezember 1980 in einem interessanten Artikel behandelt. Der Bericht zeigt in der Rückschau jedoch wieder einmal auf, dass Statistiken alles andere als verlässlich sind.

Professor Dr. Theodor Schmidt-Kaler von der Ruhr-Universität Bochum galt damals als einer der profiliertesten deutschen Bevölkerungswissenschaftler. Mit seinem Kontrahenten Albrecht Müller, damaliger Planungschef im Bundeskanzleramt, diskutierte er das obgenannte Thema, das von Professor Dr. Hoimar v. Ditfurth moderiert wurde.

Prof. Schmidt-Kaler vertrat bereits vor 20 Jahren die Meinung, der Bevölkerungsschwund sei eine Zeitbombe ungeahnter Grössenordnung. Er sprach sogar von einem «komfortablen Selbstmord». Weiter verkündete er im Jahre 1980: «Bis zum Jahr 2000 wird die deutsche Bevölkerung auf 52 Millionen abnehmen, 2050 werden es noch etwa 25 Millionen sein.»

Tatsächlich betrug die Bevölkerung des wiedervereinten Deutschland am 31.12.1999, gemäss Bundesamt für Statistik, rund 82163500 Personen. Davon entfielen rund 61 Millionen auf den von Schmidt-Kaler erwähnten Raum. Keine Spur also von markantem Bevölkerungsrückgang. Doch bereits damals waren auch denkende und weitsichtige Menschen zu finden. Menschen, die das Übel der Überbevölkerung zu erkennen vermochten. So äusserte sich der Planungschef im Bundeskanzleramt, Albrecht Müller, zum Thema Bevölkerungsrückgang folgendermassen: «Das Arbeitslosenproblem wird entschärft, die Energie- und Wasserversorgung wird erleichtert, es gibt kleinere Klassen und auf den Strassen kommt man besser voran. Angenommen, wir wären im Jahre 2030 wirklich nur noch ein Volk von 39 Millionen, dann könnte die Lebensqualität höher sein als heute.»

Bedenklich nur, dass diese Worte bereits vor zwanzig Jahren ausgesprochen wurden. Zudem von einem Mann in politischem Amt. Dennoch hat es im Verlaufe der vergangenen beiden Jahrzehnte noch keine Regierung geschafft, das Problem der Überbevölkerung wirklich tiefgreifend in den Griff zu bekommen. Zwiespältig wurde das Problem zwar weltweit beschrieben und internationale Kongresse, Foren und nationale Versammlungen abgehalten. Dennoch darf das Problem der Überbevölkerung in politischen Kreisen ganz offensichtlich nicht wirklich bekämpft und die Menschen nicht für gezielte Familienplanung gewonnen werden.