Personenkult und Persönlichkeitsverehrung

Eine Abhängigkeit wird nicht nur durch äussere Mittel oder Umstände in Form von süchtigmachenden Stoffen oder irgendwelchen dubiosen Lehren genährt. Der Mensch trägt in seiner Gedankenwelt die oftmals unterschätzte Macht und geballte Kraft, sich das eigene Leben zur Hölle zu gestalten. Falschgedanken, Illusionen, Einbildungen, mangelnde Selbstdisziplin und Selbstkontrolle, Selbstverleugnung oder das Nacheifern und Verfechten fremder und unlogischer Gedanken, Ideen oder Ideologien sogenannter hoher Persönlichkeiten, Lehrer, politischer Parteien oder Meister führen ebenso in eine Abhängigkeit, Selbstversklavung und Gefangenschaft.

In heutiger Zeit werden die übergeordneten und angebeteten Mächte nicht mehr nach Göttern, Götzen, Heiligen oder Propheten benannt. Vielmehr werden sie aus den Reihen der vermeintlichen Helden und Heldinnen aus Sport, Schauspielerei, Berufskreisen, Kunst, Malerei, Musik, der Politik, Schriftstellerei, Wirtschaft oder aus irgendwelchen anderen kulturellen Gebieten rekrutiert. Auf diese Weise hat sich auch der Begriff «Gläubige» oder «Religionsanhänger» gewandelt und ist im allgemeinen Sprachgebrauch zum englischen Wort «Fan» geworden, das als Abkürzung für Fanatiker steht. Die «heiligen Bücher» dazu finden sich an jedem Kiosk. Sie liegen in Form von Zeitschriften, Berichten, Heften und Büchern aller Art auf. Neuzeitbibeln und Videos, in denen der modere Personenkult um die angeblich wahren «Helden» des Alltags und der «gehobeneren Klasse» gegen teures Geld angeboten wird, mit dem Versprechen an die Leserschaft und Betrachter, dem tristen Alltag entfliehen zu können, geschürt und genährt durch Fanatismus.

Bereits die alten Philosophen, Propheten und Heiler hatten ihre «Fans» und ihre «Fangemeinden». Andernfalls wären kaum Kultreligionen und bestimmte philosophische oder kultreligiöse Denkrichtungen entstanden. Selbst der Papst ist nur der Papst, weil ihn Millionen Menschen in ihren Gedanken dafür halten. Hätte auch er keinen einzigen «Fan», und gäbe es keinen einzigen Gedanken, der ihn in seiner Rolle bestätigt, er wäre ein absolut gewöhnlicher Mensch geblieben.

Eine sogenannte «Fan-Bewegung» resp. Fanatiker-Bewegung macht sehr deutlich klar, dass die Menschen - trotz angeblichem Wunsch nach Loslösung von den Unwerten weltlicher sowie sektiererischer und religiöser Kulte - eine gewisse Angst vor der wahrlichen Freiheit, der Unabhängigkeit und der Selbstverantwortung in sich tragen. Viele sind mit dem, was sie sind, offensichtlich nicht zufrieden und degradieren sich bewusst oder unbewusst zu «Unfähigen» und «Minderwertigen».

Die angeblich übergeordneten und vermeintlich schicksalsbestimmenden, kultreligiösen Mächte wie Götter, Heilige und Götzen wurden und werden heute einfach durch Idole wie Politiker, Sportler, Philosophen, Stars und Sternchen usw., ersetzt; Menschen, an deren Handlungen, Leistungen und Lebensweisen scheinbar ein neuer Orientierungspunkt zu finden ist. Dadurch werden fremde Identitäten übernommen und die eigene Persönlichkeit verleugnet, erniedrigt und in der eigenen Gedanken- und Gefühlswelt fälschlich das Leben im Spiegel von Berühmtheiten geführt. Viele dieser Fans leben zudem unaufhörlich in der falschen «Hoffnung» darauf, selbst ebenfalls solchen Ruhm, solche Publizität und Bekanntheit sowie Geld und Macht zu erlangen wie ihre Vorbilder und Angebeteten. Eine Hoffnung, die für sie jedoch im wahrsten Sinne des Wortes «Hoffnung» und zeitlebens unerreichbar bleiben wird.

Es soll hier jedoch wieder einmal ganz klar und deutlich ausgesprochen werden: Demütige Selbsterniedrigung durch Anhimmelei, Anbeterei, Veridealisierung, Verehrung und Vergötterung von Sportlern, Politikern, Stars, Religionsführern, Künstlern oder anderen angeblichen «Helden» sind jedes einzelnen Menschen unwürdig.