Todesstrafen und DNA-Analysen

Einmal mehr berichten die Medien über den Fall eines irrtümlich zum Tode verurteilten Menschen, dessen Unschuld erst aufgrund hartnäckiger Bemühungen seitens seiner Anwälte bewiesen wurde. Seit seinem 22. Lebensjahr wurde der heute 40jährige Afroamerikaner Earl Washington im Bundesstaat Virginia wegen angeblicher Vergewaltigung und Mord seiner Freiheit beraubt, unschuldig zum Tode verurteilt und eingesperrt. Wie der frei von Schuld hingerichtete Derek Barnabei hatte auch er stets seine Unschuld beteuert. Fünf Tage vor seinem Hinrichtungstermin wurde sein Fall von einer Anwaltskanzlei wieder aufgenommen und ein Aufschub seiner bevorstehenden Exekution bewirkt.

Neun Jahre Gefängnis vergingen, ehe seine Anwälte eine erste DNA-Analyse durchzusetzen vermochten. Die Untersuchung ergab keinerlei Verwicklung Washingtons in die ihm vorgeworfene Tat. Dennoch wurde er nicht freigelassen und die Todesstrafe lediglich in eine «lebenslängliche» Zuchthausstrafe umgewandelt. Wieder vergingen wertvolle sieben Jahre seines Lebens, ehe die Anwälte im Frühjahr 2000 erneut eine weitere DNA-Analyse erwirken konnten. Diese Untersuchung schloss Earl Washington als Täter definitiv aus. Mitte Oktober sprach der Gouverneur James Gilmore den seit 18 Jahren schuldlos eingesperrten und ehemaligen Todeskandidaten von aller Schuld frei.

Dank der seit Anfang der 90er Jahre durchgeführten DNA-Analysen, vermochte Washington als 73. Gefangener seine Unschuld zu beweisen. Die Tatsache, dass sich darunter neun zum Tode Verurteilte befanden, zeigt die Tragweite der Justizirrtümer des amerikanischen Systems.

Diese Tatsache scheint endlich auch amerikanische Justizbeamte und Politiker wie den demokratischen Senator Patrick Leahy nachdenklich zu stimmen. Als erster Bundesstaat hat nun Kalifornien ein Gesetz verabschiedet, das allen wegen «schweren Verbrechen» verurteilten Gefangenen das Recht auf eine nachträgliche DNA-Analyse einräumt.

Nur wer selbst einmal unschuldig in die Fänge und die Mühlen der Justiz geraten ist, vermag die Verzweiflung und Hilflosigkeit der Verurteilten zu erahnen. Zu allem Elend letztendlich noch unschuldig zum Tode verurteilt zu werden, sprengt jedoch alle menschliche Vorstellung und ist kaum nachvollziehbar.