WZ-Nr. 166: Aus meiner Videospiel-Ära


Mein erster Computer war ein Atari 2600, an dem ich viele hundert Stunden verbrachte. ‹Missile›, ‹Command›, ‹Defender›, ‹Centipede-Space›, ‹Invaders› und viele andere Kriegsspiele waren mein damaliger Zeitvertreib. Der Sinn dieser Spiele war meistens, etwas zu zerstören.

Als mir dann ein Commodore C64 geschenkt wurde, ging es erst richtig los! Meine Freunde und ich tauschten auf dem Schulhof und in der Freizeit unsere Spiele aus. Natürlich waren ‹Ballerspiele›, also Spiele, bei denen auf etwas oder auf ‹jemanden› geschossen wurde, an erster Stelle. Mein Vater war schon damals der Meinung, dass all diese Kriegs- und Ballerspiele der Vorausbildung zum Millitär dienten. Als Kind dachte ich natürlich, dass er wohl spinne. Heute muss ich allerdings gestehen, dass mein inzwischen verstorbener Vater mit dem, wovor er mich warnte, recht hatte. Als ich dann nämlich im Jungmänneralter ins Militär musste, ging es mit dem Schiessen recht einfach – ich erinnerte mich an die Spiele und übertrug meine Spielerfahrung auf den Schiessplatz. Als die Panzeratrappe losfuhr, stellte ich mir das Spiel ‹Tank Attack› vor und wusste genau: Jetzt muss ich abdrücken – Treffer! So einfach ist das!

Die Spiele wurden im Laufe der Jahre und mit fortschreitender Computertechnik natürlich immer besser und realer – und was diese Spiele heute aufgrund ihrer verbesserten Graphik bieten, wirkt schon beinahe echt. In einem der Spiele, das ich vor Jahren spielte, mussten Vietcongs beseitigt werden. Klingt brutal – und ist es auch. Etwa 2010, einige Jahre, nachdem ich aufgehört hatte, mich regelmässig mit diesen Spielen zu vergnügen, sah ich in Frankfurt einen Vietnamesen mit seinem typischen Hut. Das erste, was mir einfiel, war das Kriegsspiel ‹Vietcong›, das ich so oft gespielt hatte und das dem Genre des Ego-Shooters zugeordnet wird, dessen erste Version laut Hersteller über eine Million Mal verkauft wurde. Es war eine sehr schlimme Assoziation, die ich bei dieser kurzen Begegnung hatte. Sitzt man in einem Panzer, wird die Landschaft um den Panzer herum auf einen Bildschirm übertragen, und dabei verschmilzt die Realität mit den Bildern der Videospiele! Das habe ich selbst erlebt!

Leider werden die Spiele immer realistischer und drastischer, und das lässt für die Zukunft nichts Gutes erwarten, wenn nicht Schritte unternommen werden, diese Spiele zu verbieten oder zumindest zu entschärfen. Wohin solche Spiele in ihrer letzten Konsequenz führen, haben verschiedene Attentate und Amokläufe an Schulen in den USA und Europa in den letzten Jahren gezeigt.
von Michael Sengel, Schweiz, überarbeitet von Bernadette Brand