WZ-Nr. 165: Toleranz und Vorurteile


Seit mehr als 14 Jahren bin ich nun Jäger. Sicher ist das oft auch ein blutiges Handwerk, aber wer Fleisch konsumieren will, muss sich auch dessen bewusst sein, dass dafür Tiere sterben müssen. Oft, wenn ich im Revier unterwegs bin, treffe ich auf Tierfreunde ‹Grüne›, Vegetarier und allerlei andere Mitmenschen. Dadurch ergeben sich in den meisten Fällen Gespräche, bei denen man gerade bei Natur- und Tierfreunden eine erschreckende Intoleranz und eine geballte Ladung Vorurteile in Kauf nehmen muss.

Man müsste eigentlich von Naturfreunden erwarten können, dass besonders solche
Menschen ein bisschen mehr Verständnis für Hege und Pflege und nachhaltige Jagd aufbringen sollten. In einigen Fällen hilft ein aufklärendes Gespräch, in anderen Situationen geht man besser einfach weiter.
Unlängst traf ich im Wald eine Frau, die mit ihrem Hund unterwegs war. Auf die Bitte, ihren Hund anzuleinen, reagierte sie zuerst sehr erbost. Deshalb erklärte ich ihr, dass es im Naturell eines jeden Hundes liege, seinem angeborenen Jagdtrieb nachzugeben, wenn er dazu auch nur die kleinste Möglichkeit bekomme.
Gerade der Wald bietet einem Hund eine reichhaltige Palette von Reizfaktoren an Spuren und Fährten. Allein in diesem Jahr traf ich schon zwei Risse von Hunden an Rehwild an. Oft werden die Rehe dabei von den Hunden nur verletzt und verenden dann qualvoll – oder sie werden von hinten bei lebendigem Leib angefressen.
Nachdem ich ihr das erklärt hatte, leinte sie ihren Hund wenig begeistert an – und dann ging es richtig zur Sache. Sie sagte mir, dass sie überzeugte Vegetarierin sei und in keiner Art und Weise akzeptieren und tolerieren könne, dass es Menschen gäbe, die Fleisch essen, ganz zu schweigen davon, dass man überhaupt ein Tier töten könne.
‹Fleischfresser› seien allesamt Mörder, und sie werde ihr Leben lang gegen ein solches Barbarentum ankämpfen. Auf ihren aufgebrachten Ausbruch erwiderte ich ihr nur, dass ich mit Vegetariern absolut kein Problem hätte und dass meiner Meinung nach jeder Mensch selbst entscheiden könne, ob er ‹Fleischfresser› oder eben Vegetarier sein wolle. Es brauche da einfach von beiden Seiten ein wenig Toleranz, um miteinander in Frieden leben zu können.
Als Jäger brauchen wir diese Toleranz besonders, egal, ob es sich dabei um Radfahrer, Reiter, Hundehalter oder Wanderer handelt. Und ich fügte hinzu, dass es miteinander immer einen gangbaren Weg gäbe, dass aber ein Gegeneinander zur Katastrophe führe. Sie meinte daraufhin, dass bei Tiermord und ‹Fleischfressern› bei ihr jede Form von Toleranz aufhöre. Da konnte ich mir die Frage nicht verkneifen, was sie denn ihrem Hund zu fressen gebe – oder ob er vielleicht auch Vegetarier sei? Darauf reagierte sie noch um einiges verstimmter und beendete das Gespräch blitzartig.
Ja, das Fleisch für den Hund kommt aus der Dose oder es ist schön zugeschnitten und sauber verpackt – und man kauft es in einem einladenden Geschäft. Intoleranz gepaart mit Dummheit ergibt eben immer eine böse Kombination!