WZ-Nr. 142: Mit Gottes Hilfe …

Tatsächlich begegnet uns Kult in Reinkultur auf Schritt und Tritt. Kürzlich besuchte ich eine Patientin, die ich schon viele Jahre sporadisch betreue. Sie ist gut 50 Jahre alt und hat ein seltenes, schweres, erblich bedingtes Leiden, das eher früher als später zum Tode führt. Sie hat viele schlimme Jahre hinter sich. Sie musste Ihre Arbeit vor 10 Jahren aufgeben, und oft stand sie am Rande des Todes.
Nach einer besonders schlimmen Phase wurde sie von den Ärzten definitiv aufgegeben; sie sprach nicht mehr auf die Medikamente an und war auf Sauerstoff angewiesen. Es wurde für unmöglich erachtet, dass sie noch einmal nach Hause zurückkehren könnte in die Selbständigkeit, und man legte ihr nahe, sich an den Gedanken an ein Pflegeheim als letzte Station zu gewöhnen.

Die Frau ist sehr differenziert und eigenständig, und es war ihr unerträglich, sich nun an so einem trübseligen Ort einfach kampflos in ein frühes Sterben zu fügen. Sie ist tief religiös und seit jungen Jahren in eine religiöse Glaubensgemeinschaft eingebunden.
Nun, da also ihr Leben sehr absehbar wurde, erwachte ein Kampfeswille in ihr, der alles übertraf, was sie sich seit Jahren aufgebaut hatte. Sie ging wohl ganz intensiv mit sich bzw. mit ihrem Gott zu Rate, und mit Hilfe ihrer Glaubensbrüder und -schwestern, die sie sehr unterstützten und inbrünstig für sie beteten, mit permanentem Eigeneinsatz für den Wiederaufbau ihrer Kräfte, gelang es ihr tatsächlich, sich dem Leben gänzlich wiederzugeben. Sie erlangte die Kraft zum Gehen wieder, kann die meiste Zeit ohne Sauerstoff auskommen, führt ihren Haushalt selbständig und ihr Immunsystem erlebte einen Höhenflug, der nun schon 2 Jahre anhält. Sie hat sich ein Auto gekauft, das ihr weitgehende Bewegungsfreiheit gibt. Die Frau ist nicht geheilt, aber ihre Krankheit ist soweit zum Stillstand gekommen, dass ihr Leben wieder eine ansehnliche Qualität erhalten hat.
Heute erfuhr ich, dass bei ihr das Schicksal einmal mehr zugeschlagen hatte. Sie war erblindet, und dies unabhängig von ihrem ursprünglichen Leiden. Das eine Auge ist verloren, das andere konnte operiert werden und sie sieht wieder ein wenig, nachdem sie sich schon damit auseinandergesetzt hatte, blind zu bleiben. Autofahren liegt leider nicht mehr drin, aber wer weiss … Obschon ich aus früheren Gesprächen ihre Einstellung kannte, fragte ich sie, wie sie mit diesem zusätzlichen Schlag zurechtkäme. Sie sagte mir, sie habe ihr Leben ganz und gar Jesus übergeben, was er damit mache, das sei zu ihrem Guten und so fände sie auch die Kraft, mit allem fertig zu werden, wie schlimm es auch sei.