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Eine Frage der Ähre – Phänomen Kornkreise

von Steve Alexander

Kosmisch oder komisch? Ausserirdisch oder aussergewöhnlich irdisch? In den Achtzigern sorgten im Süden Englands Hunderte mysteriöse Kornkreise für Aufsehen. Experten fanden keine Erklärung, sogar das Militär ermittelte – bis zwei betagte Herren ein spektakuläres Geheimnis lüfteten. Von ­Solveig Grothe

Dienstag, 04.09.2012 – 10:01 Uhr

Vermutlich hatte Alkohol eine gewisse Rolle gespielt. In einem gemütlichen Pub namens Percy Hobbs nahe Winchester in Südengland sassen an einem Sommerabend des Jahres 1978 zwei Herren beisammen. Sie redeten und tranken, wie sie es seit mehr als zehn Jahren an fast jedem Freitag taten. Doug Bower und Dave Chorley waren Künstler, ihr Gespräch drehte sich um Malerei, Aquarelle und irgendwann um Ufos. Doug, der ein paar Jahre in Australien gelebt hatte, fiel dazu ein, dass damals die Zeitungen in Queensland von einer seltsamen Erscheinung berichtet hatten: einem Flecken plattgedrückten Schilfs in der Nähe von Tully. Die Farmer sprachen von einem ‹Ufo-Nest›. Doug und Dave lachten über die Geschichte.

Drei Jahre später, im Sommer 1981, berichteten britische Medien über ein mysteriöses Phänomen im Süden Englands: Kornkreise. Stellen, an denen das Getreide kreisrund niedergedrückt war. In den vergangenen Jahrhunderten hatte es so etwas immer mal wieder gegeben, nun aber konnte man in der ­hügeligen Landschaft eine unerklärliche Häufung beobachten. Die Nachricht verbreitete sich weit über Englands Grenzen hinaus. Tausende Schaulustige reisten an. Farmer, zunächst verärgert über die Zerstörung ihrer Ernte, arrangierten sich mit dem Mysterium und kassierten an ihren Feldern Eintritt. Die seltsamen Flecken, Kreise in unterschiedlichen Grössen und Konstellationen, weckten das Interesse diverser selbsternannter Experten, bald aber auch das von Wissenschaftlern und schliesslich der britischen Regierung.

Trotz jahrelanger Spekulationen und Deutungsversuche, die von Naturphänomenen bis zum Paranormalen reichten, fand sich keine schlüssige Erklärung. Mit der ‹Operation Blackbird›, begleitet und ­unterstützt von Beamten des Verteidigungsministeriums und Patrouillen der Streitkräfte, hoffte ein Team um Operationsleiter Colin Andrews, einer Antwort näher zu kommen. Die von BBC und vom ­japanischen Fernsehen finanzierte Aktion verfolgte das Ziel, erstmals die Entstehung eines Korn­kreises zu filmen. Ausgestattet mit Wärme-, Licht- und Geräuschdetektoren bezogen die Teilnehmer im Juli 1990 Stellung auf einem Hügel in der Nähe von Westbury in der Grafschaft Wiltshire.

Und tatsächlich schien die Operation bereits am zweiten Abend zu gelingen: Die Überwachungs­einrichtung erfasste orangefarbene Lichter auf einem nahegelegenen Feld. Andrews eilige Erfolgsmeldung aber machte die Beteiligten zum Gespött. Denn bei Tageslicht fand man nicht nur die Stelle mit dem kreisrund niedergedrückten Getreide, sondern darin auch ein sogenanntes Hexenbrett, wie es Wahrsager benutzen. Unbekannte Spassvögel hatten es dort hinterlassen, nebst einem Draht, der ihnen als Werkzeug gedient hatte. Das orangefarbene Licht, das die Wärmesensoren registrierten, dürften die erhitzten Körper der eifrigen Schöpfer verursacht haben.

Nach noch einem weiteren Sommer mit Massenaufläufen und mysteriösen Formationen hatten die beiden Freunde Doug und Dave genug von dem Trubel in der Nachbarschaft. Das Spektakel war ihnen unheimlich geworden – und sie wollten dem ein für allemal ein Ende bereiten. Die britische Zeitung ‹Today› erschien am Montag, den 9. September 1991, mit einer überaus exklusiven Story. Auf dem Titel stand in riesigen Lettern: «Die Männer, die die Welt betrogen», und zu sehen waren die Porträts zweier verschmitzt lächelnder Mittsechziger: Doug Bower und Dave Chorley.

Nicht von dieser Welt

Im Innenteil breitete das Blatt genüsslich aus, wie man die beiden Männer zum Beleg ihrer Behauptung, sie seien die Urheber von mindestens 200 Kornkreisen, um eine Testvorführung bat. Wie man den Kornkreisexperten und Bestsellerautor Patrick Delgado, der die Erscheinungen für ‹kosmische Hiero­glyphen› hielt, zur Begutachtung holte. Und wie der nichtsahnende Delgado schliesslich erklärte: «Womit wir es hier zu tun haben, das kann niemand auf der Welt verstehen. Wir sind mit der Tatsache konfrontiert, dass diese Pflanzen in diesem sensationellen Muster von einer Energie niedergelegt ­wurden, die unerklärlich bleibt und von einem hohen Mass an Intelligenz zeugt. (…) Kein Mensch wäre in der Lage, so etwas zu erschaffen.»