Satire als Macht-, Provokations- und Zerstörungsinstrument?

Es ist im ersten Moment des Entsetzens nach einem solchen Terroranschlag allzuleicht, sich in einem Akt der scheinbaren Menschlichkeit und aus einer scheinbar moralisch legitimierten Solidarität heraus mit den Opfern des Anschlages auf ‹Charlie Hebdo› zu solidarisieren und sich damit nach aussen hin gegen die Radikalisierung der Gesellschaft zu stellen. Weitaus ehrlicher, intelligenter und weitsichtiger wäre es, einmal offen und kritisch über die Ursachen solcher Anschläge und die rapide zunehmende Anzahl solcher Terrorakte nachzudenken, ebenso auch über die eigentlichen Gründe für das Entstehen des ‹IS›, von ‹Al-Qaida› und allen sonstigen Terrororganisationen und Verbrecherbanden.

Es liegt klar auf der Hand, dass die Attentäter resp. Mörder von Paris ihre Anschläge und Geiselnahmen nicht ohne Grund ausgeführt haben. Aus ihrer subjektiven Sicht heraus waren die immer wiederkehrenden, über Jahre hinaus fortgesetzten Verunglimpfungen des Propheten Muhammed durch die Karikaturisten der Zeitschrift ‹Charlie Hebdo› der Auslöser für ihre terroristischen Taten. Bei aller gesetzlich gesicherten Meinungsfreiheit sollte aus Gründen des Verstandes und der Vernunft und aus Respekt gegenüber den religiösen Gefühlen der Gläubigen die Meinungsfreiheit in jeder Form immer so gehandhabt werden, dass in keiner Weise die Ehre und Würde irgendwelcher lebender oder bereits verstorbener Menschen verunglimpft, verleumdet, verhöhnt oder in den Schmutz gezogen wird, wie es bei den teilweise äusserst geschmacklosen Mohammed-Karikaturen eindeutig der Fall ist. So wurde der Prophet Mohammed beispielsweise in folgenden Szenarien blossgestellt:

  • Mohammed als Coverboy von ‹Charia Hebdo› (eine Sonderausgabe von ‹Charlie Hebdo›) mit dem Spruch: «100 Peitschenhiebe für jeden, der nicht vor Lachen stirbt.»
  • Mohammed 2012 mit hängenden Hoden und nacktem Hintern, in dem ein gelber Stern steckt.
  • Mohammed 2013 im Rollstuhl, der von einem Rabbi geschoben wird.
  • Mohammed 2014, der von einem IS-Kämpfer geköpft wird.

Kein Mensch fände ein solches Tun resp. solche Darstellungen in seinem persönlichen Umfeld humorvoll, wenn dabei beispielsweise ein lebendes oder verstorbenes Familienmitglied verunglimpft und entwürdigt würde. Die Pressefreiheit ist ebenso wie die allgemeine Meinungsfreiheit ein wertvolles und schützenswertes Gut; sie darf aber kein Freibrief für schlimme Beleidigungen, Ehrverletzungen und Schändlichkeiten sein, die die persönlichen Gedanken und Gefühle sowie die Ehre und Würde von Menschen in grober und unentschuldbarer Weise verletzen. Hier ist von allen Menschen – eingeschlossen den Pressevertretern und Karikaturisten – Verstand, Vernunft und gesunder Menschenverstand – so denn vorhanden – gefragt.