Der NSU-Prozess

Also, an dieser Stelle ist eigentlich klar, dass es sich um eine unschuldige, hilflose, verzweifelte junge Frau handelt, der man wirklich keinerlei Fehlverhalten vorwerfen kann. Im Gegenteil, hätte sie auch nur irgend etwas davon geahnt oder gewusst, sie hätte bestimmt mit dem Kochen und Putzen sofort aufgehört und wäre direkt zur Polizei gegangen, um die beiden anzuzeigen. Ihr Verhalten im Gerichtssaal lässt nur diesen Schluss zu. Genau hier nimmt jetzt der Justizirrtum seinen Lauf, denn sie wird angeklagt und vor Gericht gestellt. Jeder der sie dort sieht, fragt sich sofort, wie konnte sie nur da landen? Vor allem zeigt sich, wie gefährlich die Führung eines Haushaltes, all das Bügeln von Hemden ist, wenn man am Ende plötzlich im Gefängnis landet. Alle Hausfrauen auf der ganzen Welt, Ihr habt einen Risikojob und dürft Euch nicht wundern, wenn Ihr plötzlich überführt werdet und die Handschellen klicken. Es handelt sich eindeutig um einen Justizirrtum auf höchstem Niveau. Das ist ja so, als ob ein Flugzeug abstürzt; der Kapitän kommt dabei um und die Stewardess wird dann dafür angeklagt und zur Rechenschaft gezogen, weil sie just in jenem Moment an die Kabinentür geklopft hat, um ihm eine Tasse Kaffee zu bringen. Nein, dieser Prozess ist ein Irrtum, da besteht kein Zweifel, und auf der Anklagebank sitzt Dornröschen. Es wird Zeit, dass dieser Justizirrtum sofort beendet wird und die Angeklagte unverzüglich ihre Freiheit wiedererlangt. Dann bekommt sie vom Staat noch eine Entschädigung für die ungerechtfertigte Zeit im Gefängnis, und im Anschluss kann sie ihre Autobiografie schreiben. Diese wird dann verfilmt mit Brad Pitt, Sascha Hehn und Angelina Jolie, und danach kann sie dann bei Günter Jauch in der Sendung eine Beichte über all die Missverständnisse ihres Lebens ablegen, wie sie von ihrem Vater misshandelt wurde, weil der sie immer in die Kirche geschleift hat und warum Nazis eigentlich den Friedensnobelpreis verdienen …

Vielleicht lässt sie sich aber auch noch erfolgreich vom Verfassungsschutz als V-Frau einsetzen? Wenn sie erst einmal freigesprochen ist, kann sie all ihre Kontakte zu den rechten Häkel- und Kochgruppen aufnehmen, sie unterwandern und unserem Rechtssystem wertvolle Dienste leisten. Ein weiteres Ereignis nimmt aber, seit sie vor Gericht ist, seinen Lauf. Dieses desaströse, von Paragraphen zerfressene und chaotische Justizsystem zeigt wieder einmal, wie degeneriert und kaputt es ist. Das ist ja das Bemerkenswerte an vielen Justizsystemen in demokratischen Ländern, man hat keine Justiz mehr, die nach Vernunft und Verstand, sondern nur noch nach Paragraphen abgearbeitet wird. Dabei können Anwälte dieses Justizsystem so vorführen, blockieren und auseinandernehmen, dass man eher den Eindruck hat, die Muppet-Show sei wieder da. Es geht nicht mehr um die Tat und den Täter selbst, sondern es geht darum, dass Anwälte den Paragraphendschungel einsetzen, um ein desolates Justizsystem zu behindern, lahmzulegen und somit der Lächerlichkeit preiszugeben. Diesen Prozess versteht ein Beobachter mit gesundem Menschenverstand schon lange nicht mehr. Es ist auch kein Prozess im eigentlichen Sinn, sondern mehr ‹High Noon› im Gerichtssaal. Es ist ein Prozess der Farce, Respektlosigkeit und Menschenunwürdigkeit hinter dem Deckmantel juristischer Paragraphen. Ein ganzes Justizsystem macht sich unglaubwürdig und lächerlich, während Dornröschen keinen Zweifel daran lässt, auf welcher Seite sie steht, und was ihre wirkliche Gesinnung ist. In diesem Prozess werden die Opfer ein weiteres Mal hingerichtet, diesmal allerdings vom Staat, der sich in seiner juristischen Unfähigkeit der Lächerlichkeit preisgibt. Gerechtigkeit sieht anders aus und fühlt sich anders an. Wenn die Täter mehr Rechte und Möglichkeiten haben, sich juristisch herauszuwinden als die Opfer, oder wenn sich die Täter als unschuldig und selbst als Opfer darzustellen vermögen, dann stimmt etwas Generelles mit dem System nicht mehr, wie eben im vorgenannten Fall, in dem die Frau zwei mehrfache Mörder deckte und auch selbst in diese Machenschaften verstrickt war und sich in Deutschland vor Gericht als Unschuldslamm hinstellen konnte.