Führt Liebe ihn zur Pflicht ...

SARASTRO: «In diesen heil‘gen Hallen kennt man die Rache nicht, und ist ein Mensch gefallen, führt Liebe ihn zur Pflicht. Dann wandelt er an Freundes Hand vergnügt und froh ins bessre Land. In diesen heil‘gen Mauern, wo Mensch den Menschen liebt, kann kein Verräter lauern, weil man dem Feind vergibt. Wen solche Lehren nicht erfreun, verdienet nicht, ein Mensch zu sein.»

Vermeinst Du auch, die Klänge aus Mozarts Zauberflöte zu hören, die Harmonie von Wort und Musik wonnevoll zu spüren, wenn Dir diese Zeilen hier begegnen?

Die heil‘gen Hallen sind bei uns in der FIGU die ehrwürdigen, schlichten Räume, die der Prophet bewohnt; und alle KG-Mitglieder und der FIGU nahestehende Menschen gehen im Haus ebenfalls ein und aus. Obschon wir uns selten darüber Gedanken machen, ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass dem so sein darf, und noch weniger selbstverständlich ist es, dass wir diese Worte, die Sarastro da singt, jeden Tag in die Tat umgesetzt sehen durch Billy. Niemals in all den Jahren unseres Zusammenseins hat jemand unter uns erlebt, dass unser ehrwürdiger Freund und Weiser aller Weisen sich der Rache hingegeben hätte; schon allein die Vorstellung ist ganz und gar undenkbar. Und wenn einer von uns oder sonst einer der sehr, sehr vielen Menschen, mit denen der Prophet der Neuzeit sonst noch schriftlich, mündlich oder persönlich in Kontakt steht, strauchelt oder nicht mehr weiter weiss, dann reicht er ihm die Hand und hilft ihm wieder auf. Es kommt freilich auch vor, dass er mal in heiligem Zorn erwallt ob grosser Torheit und Sturheit eines Mitmenschen und er dann die Stimme erhebt, aber nie geschieht das, um den anderen in seinem Menschsein herabzuwürdigen, sondern der Gedanke und die Triebkraft dahinter – auch wenn das nicht jeder versteht – ist Liebe. Da Billy bei all seiner Grösse aber immer ein Mensch bleibt, dürfen wir ihm freilich auch Schwächen zugestehen, so kann er auch mal ungeduldig oder missmutig, traurig oder vielleicht sogar ungerecht sein (wobei es möglicherweise nur für uns so aussehen mag, weil unser Weitblick noch sehr unterentwickelt ist und er im Gegensatz zu uns klare Ziele vor Augen hat, die wir oft nicht nachvollziehen können). Sein Bestreben im menschlichen Bereich ist es jedenfalls, jedem, und liegt er noch so quer in der Landschaft und macht auch ihm selbst das Leben oft sehr schwer, immer und immer wieder eine Chance zu geben, wo wir schon längst jede Hoffnung begraben hätten. Er sieht jeden Menschen so, wie er in seinem Innersten ist, bzw. sein könnte, und langfristig lässt er sich durch keine menschliche Rückschläge beirren. So haben wir wahrhaftig die einmalige Gelegenheit, an des Freundes Hand einer besseren eigenen Zukunft entgegenzuschreiten – wenn wir diese Hand nur ergreifen wollen.