Mutter Teresa

– Doch für einen guten Zweck kann man auch einmal Geld ausgeben, und so hat sich zumindest die Meinung des Ehemannes noch rechtzeitig vor der Seligsprechung gewandelt. «Es war [Mutter Teresas] Wunderheilung, die meiner Frau geholfen hat. Nun erhalten meine Kinder und ich mit Hilfe der Nonnen eine Ausbildung, und ich konnte es mir leisten, ein kleines Stück Land zu kaufen. Alles hat sich zum Besseren gewandelt.» Mit ein bisschen PR-Training lernt Selku Murmu sicherlich auch, dass er diesen Teil den Reportern nicht unbedingt erzählen muss.
– Eine systematische Verzerrung der Wirklichkeit bei nahezu vollständiger Ausblendung kritischer Analyse muss man im Falle Mutter Teresas diagnostizieren, wenn man ihr Lebenswerk unvoreingenommen untersucht. Die Mediengeschichte der gesegneten Albanerin beginnt mit dem Briten Malcolm Muggeridge – ‹ohne ihn hätte die Welt vielleicht nie von Mutter Teresa erfahren›, schrieb nach ihrem Tod die Catholic Times am 12. Oktober 1997. Muggeridge, ein fanatischer Konservativer, der den säkularen Liberalismus für ‹die grösste aller destruktiven Mächte› hielt, gehörte zu den vom ‹Congress for Cultural Freedom› gesponserten Journalisten. Dabei handelte es sich um eine CIA-Organisation, die in Europa eine proamerikanische Gegenkultur zum Kommunismus etablieren sollte. Neben einer ‹nichtkommunistischen Linken› wurden die abstrakte Kunst und das ‹postmoderne› Denken als sozial irrelevante Ausdrucksformen der liberalen Linken finanziell gefördert.
– Für den Fundamentalisten Muggeridge war Mutter Teresa jedoch die Figur, die er benötigte, um seine Ideologie weltweit zu verbreiten. Unterstützer dafür fand er vor allem in den USA.
– Bereits 1971 prophezeite Muggeridge Mutter Teresa den Nobelpreis, so wie auch ihre baldige Heiligsprechung schon lange vor ihrem Tod vorausgesagt wurde. Zunehmend entwickelte sich Teresa von der Nonne zur Medienfigur, reiste um die Welt zu diversen internationalen Anlässen als auch in liberalen Kreisen präsentierbare Stellvertreterin des Papstes. Jeden Politiker, den sie traf, bat sie um Intervention gegen Abtreibung, Pille und Kondom. Nach zwei gescheiterten Anläufen wurde ihr der Nobelpreis 1979 als Ergebnis einer gut finanzierten Kampagne verliehen.
– Was aber ist nun die finstere Wahrheit über Mutter Teresa? Mag sie auch andere politische Ansichten gehabt haben als der politisch korrekte Mainstream, war sie nicht im Grunde eine gutherzige und ehrliche Helferin der Armen? Chatterjee dokumentiert, dass Teresa in den Medien systematisch über die Art und das Ausmass ihrer Arbeit gelogen hat, während in der Realität ihr Personal den Tod eher förderte als bekämpfte und Hilferufe ignorierte, selbst wenn sie aus nächster Nähe kamen.