Ein Auszug aus dem Buch ‹Die vier Versprechen› ...

Sie bemerkten nur, dass ich immer bescheidener wurde und dass ich nichts und niemanden verurteilte und dass ich immer gab, was ich geben konnte. Ich wurde ein Mensch, der nicht mehr gleich war wie die andern, einer der noch jung an Jahren aber doch schon alt in seinen Erkenntnissen war. Ich konnte die Mitmenschen gut verstehen und selbst alten Leuten gute Ratschläge geben, wofür sie sehr dankbar waren. Doch niemand war in der Lage mich zu verstehen, ausser Pfarrer Rudolf Zimmermann. Manche glaubten, ich sei ein Eigenbrötler, andere verglichen mich mit einem Weisen, niemand aber verstand, was in mir eigentlich vorging, welcher Art meine Gedanken und Gefühle waren und was mein wirkliches Begehr war, um den Menschen meine Erkenntnisse und mein Wissen verständlich vermitteln zu können.
Meine Gedanken führten mich zur Erkenntnis, dass sich eigentlich jeder Mensch in seinem Mitmenschen sehen sollte, wie ich mich selbst in allen andern Menschen sah, doch niemand denkt daran, dies zu tun. Jeder Mensch lebt nur für sich und für sein eigenes Wohlergehen allein, ausser wenn er sich in irgendeiner gefühlsmässigen oder emotionalen Liebe – oder vielleicht tatsächlich in wahrer Liebe – mit einem andern verbindet. Also wurde mir klar, dass ich meiner Aufgabe obliegen und dieser mein Leben widmen musste, um den Menschen zu verstehen zu geben und sie zu belehren, dass sie Unwirkliches träumen, und zwar ohne Bewusstsein und ohne dass sie begreifen, was und wer sie wirklich sind und zu welchem Zweck sie ihr Leben hier auf der Erde fristen. So muss der Mensch lernen, sich selbst zu erkennen und sich nicht hinter Nebel und Rauch zu verstecken und zu glauben, dass damit das Leben erfolgreich und fortschrittlich gelebt werden könne. Daher sei das Wort gesagt, dass es sehr leicht ist, wahrnehmungslos und mit geschlossenen Augen durch das Leben zu gehn und alles zu missachten und misszuverstehen, was doch noch aus den Augenwinkeln heraus gesehen wird.»

‹Der nebelverhangene Spiegel› aus dem Buch ‹Die vier Versprechen› von Don Miguel Ruiz:
«Vor dreitausend Jahren gab es einen Menschen, jemanden wie du und ich, der nahe einer Stadt lebte, die von Bergen umgeben war. Dieser Mensch sollte Schamane werden, er studierte das Wissen seiner Vorfahren, aber er war mit allem, was er lernte, nicht völlig einverstanden. In seinem Herzen spürte er, dass es noch etwas mehr geben musste.
Eines Tages, als er in einer Höhle in den Bergen schlief, träumte er, dass er seinen eigenen Körper schlafen sah.