Der christliche ‹Schöpfergott› und die weibliche Scham

Oberflächlich betrachtet versuchen sich die Gläubigen der christlich-gegenwärtigen Neuzeit von den archaischen Denkweisen und einer wörtlichen Überlieferung der Bibel zu distanzieren. Das Weib wird in der Regel freundlich und höflich umgarnt und in der christlichen Gemeinde mit sozialen Aufgaben betraut. Dennoch wird im Denkmuster von zahlreichen christlichen Sekten das Weib bis in die heutige Zeit für die Vertreibung aus dem Garten Eden und dem Sündenfall in die Verantwortung genommen.
Mittlerweile scheint das lasterhafte Weib die göttliche Bestimmung seines Verlangens nach dem Manne auch auf diesen übertragen zu haben. Mit der sinnlichen Erotik seiner Scham hält es den angeblich von seinen Reizen gebeutelten und geschwächten Mann fest in seinem lüsternen Griff.
Offensichtlich hat sich das irdische Weib für die wahngläubige Männerwelt zu einem diabolischen Prüfstein des triebhaften Verlangens nach der Sünde und der Fleischeslust gewandelt. Es ist angeblich vollumfänglich darauf bedacht, dem betörten Mann die Sinne zu vernebeln, um durch ihn seine hemmungslosen Begierden und Lüste zu befriedigen. Zielbewusst nutzt es hierfür rücksichtslos die Reize seiner Scham und seiner verborgenen Liebesperle. Für den katholisch-fanatischen Klerus ist das ein vordergründiges Motiv, um sich mit allen möglichen Mitteln vor dem entblössten Körper und vor den Waffen des weiblichen reizvollen Lustorganes zu schützen. Begründet auf fadenscheinigen Interpretationen der biblischen Verse, ist das vermeintlich sündhafte Weib der klerikalen Scheinheiligkeit auch in der gegenwärtigen Neuzeit ein lüsterner Kelch der Verdammnis.
Entgegen der allgemeinen Meinung ist der Kampf der Kirche gegen das weibliche Geschlecht und seine körperliche Sinnlichkeit in keiner Art und Weise beendet. Im Zuge der politischen und sozialen Kämpfe der Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit von Weib und Mann ist die kultreligiöse Unterdrückung der Frauen etwas in den Hintergrund getreten. In brausenden Predigten werden das Weib und seine körperliche Sinnlichkeit von vielen Kultreligions-Vertretern noch immer in den Schmutz getreten; die Treue zum Glauben, die Enthaltsamkeit und die Heiligkeit der Ehe werden lauthals und heuchlerisch in die Welt hinausgerufen. Dies jedoch nur, um sich in jahrhundertealter stiller Kirchentradition am verbotenen Nektar weiblicher Sinnlichkeit zu laben und mit der eigenen Triebhaftigkeit und den eigenen lüsternen Begierden nach der weiblichen Scham zu lechzen. Bei der klerikalen Geistlichkeit und ihren Päpsten stand in Tat und Wahrheit seit jeher die Macht des weiblichen Geschlechtsorgans mehr im Vordergrund als der eigene Glaube an die Göttlichkeit. Zu allen Zeiten war auch bei den kirchlichen Würdenträgern und geistlichen Scheinheiligkeiten der geschlechtliche Trieb stärker als die Vernunft. Seit Menschengedenken wurden durch raffinierte Verführung Kriege gewonnen, Imperien erobert, politische Ränkespiele entschieden, Intrigen geschmiedet und persönliche Ansprüche und Interessen durchgesetzt. Vielfach war das weibliche Geschlechtsorgan und die in Aussicht gestellte Belohnung zur Befriedigung von zügelloser Begierde und Ausschweifung den Pfarrherren der eigentliche Antrieb für vermeintlich göttliche Eingebungen. Während vielen Jahrhunderten wurden mit absoluter Sicherheit, auch hinter klösterlich-vatikanischen Gemäuern, mehr Beschlüsse auf der Grundlage lüsterner Phantasie und dem aufreizenden Bild einer weiblichen Vulva gefasst als in bezug auf die göttlichen Gebote und Eingebungen einer offenen Bibel; im Grunde genommen darum, weil gemäss biblischer Schöpfungslehre alles damit begann, dass der vermeintlich ‹liebe Herrgott› im Himmel für Eva eine Scham und ein reizvolles Lustorgan ersann.
Entgegen der eigentlichen Uridee der schöpferischen Schöpfung werden die menschlichen Kreationen dieser Erde in ihrem Denken und in ihrer Wahngläubigkeit von Unlogik und Unvollkommenheit getrieben. Diese Tatsache wird im Handeln des angeblichen Schöpfergottes der Christenmenschen deutlich sichtbar. Dies schafft dem kritischen Schöpfungsphilosophen Raum für einige interessante Deutungen und bis anhin verschwiegene Auslegungen zur biblischen Geschichte.
Kurz nach der Kreierung des vermeintlich ersten Menschen erkannte Gott, dass Adam offensichtlich nicht alleine bleiben sollte. Allwissend, allkönnend, allgnädig und allgegenwärtig hatte Gott aber schlicht und einfach die sozialen Bedürfnisse seiner männlichen Kreation vergessen. Warum nur, stellt sich einmal mehr die interessante Frage, hat der Allwissende dieses menschliche Problem seiner eigenen Kreationen nicht bereits lange im voraus erkannt? Mit neuerlichem Elan formte ‹Gott› also nachträglich aus der Rippe Adams eine weitere menschliche Gestalt. Er nannte das Wesen Eva und erklärte es zu Adams erster Gefährtin. Mit der Erschaffung von Eva versprach sich der 'liebe Gott' auch eine kleine Erleichterung, denn etwas ins Alter gekommen, war er des Schaffens müde geworden. Die Vermehrung der Menschen, so sagte er sich, müsse von nun an durch diese selbst vorgenommen werden. Männlein und Weiblein sollten sich gemäss der neuen göttlichen Idee vereinen, um dadurch fleissig Nachkommenschaft zu zeugen und die Erde damit zu füllen.

1. Moses, Kap. 1:
28. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.