Die Erde wird knapp

Gemäss Daewoos Manager Shin Dong-Hyun will man auf den für 99 Jahre gepachteten Ländereien Mais und Palmöl anbauen und die Ernte dann nach Südkorea verschiffen. Dadurch könnte die Hälfte des südkoreanischen Maisbedarfs abgedeckt werden.
Die Insel Madagaskar selbst ist auf Reisimporte angewiesen und rangiert im Welthungerindex auf einem der hinteren Plätze! Vom vereinbarten Handel erhält Madagaskar keine Pachterträge. Daewoo bringe Know-how und Fachleute auf die Insel und steigere so die Produktivität des Landes. «Wir werden Arbeitsplätze bereitstellen», erklärte ein Daewoo-Sprecher.
Wegen den gegenwärtig auf Madagaskar herrschenden Protesten, die viele Tote forderten, und dem inzwischen erfolgten Sturz der alten Regierung scheint das Daewoo-Projekt - zumindest vorerst - sistiert worden zu sein.

Die saudische Firma Adco baut im Sudan auf 10000 Hektar Weizen für den Eigengebrauch an. Die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen gar über 378000 Hektar!

2003 hat China in Kasachstan 7000 Hektaren Land für 10 Jahre gepachtet. Rund 3000 chinesische Bauern produzieren dort Soja, Weizen und Fleisch.

In Laos hat sich der chinesische Telekommunikations-Gigant ZTE Corp eine 100000-Hektar-Landkonzession gesichert, für die Produktion von Maniok (zur Ethanol-Herstellung). Laos, eines der ärmsten Länder der Erde, habe bereits zwei bis drei Millionen Hektar Land verpachtet, also rund 15% des Staatsgebietes, heisst es.

Im August 2008 sagte Äthiopiens Premierminister der Financial Times, dass er saudischen Investoren unbedingt 'Hundertausende' Hektaren Landwirtschaftsland zum Investieren und zur Entwicklung abgeben will.

Im Mai 2008 haben Libyen und die Ukraine einen Öl- und Gaslieferungsvertrag abgeschlossen, durch den Libyen in der Ukraine auf 247000 Hektar Land Zugriff erhält, um eigene Lebensmittel anzupflanzen.

Soweit die paar Beispiele. Im ganzen Geschehen zeigen sich aber auch krasse Fehlleistungen im internationalen Hilfesystem (Hungerhilfe!). So wurden z.B. 2007 von den USA 283000 Tonnen Hirse in die Darfur-Region (im afrikanischen Land Sudan) verschifft, während der Sudan wiederum gemäss UNO-Angaben in jenem Jahr die gleiche Menge Getreide exportiert hat! Ein Jahr später soll der Sudan gar die doppelte Menge Getreide exportiert haben. (In diesem Fall, wie auch bei Hilfslieferungen allgemein, ist zu bedenken, dass diese Hirse ja nicht einfach gratis entstanden ist, denn von der Herstellung bis zur Ablieferung sind viele Kosten angefallen und vergütet worden!)
Hinter solchen Zahlen und Schilderungen verbergen sich natürlich noch viele weitere Probleme, beispielsweise dass Gratislieferungen von Nahrungsmitteln die Anbauprodukte der einheimischen Bauern konkurrenzieren und deren Absatz erschweren oder gar verunmöglichen. Ausserdem ist es eine Schande, dass eine Landesregierung es zulässt, dass Grundnahrungsmittel profitabel exportiert werden, während die eigene Bevölkerung hungert. Im Falle des Sudans - wie auch bei vielen anderen Ländern - ist es ebenso skandalös, dass weder die Regierung noch die politischen, ethnischen und religiösen Eliten gewillt sind, im eigenen Land Frieden zu schaffen, denn bekanntlich haben die von Krieg heimgesuchten Menschen andere Prioritäten, als Landwirtschaft zu betreiben. Aber eben: Auch dies ist eine Folge der Überbevölkerung, denn immer mehr Menschen leben auf immer mehr unfruchtbar gewordenem Boden oder in landwirtschaftlich unproduktiven Städten. Es herrscht ein Verdrängungsprozess, wobei die Stärkeren die Schwächeren von ihrem Land vertreiben, oft unter dem Deckmantel religiöser Differenzen oder Bedrohungen usw.

Solche 'Land grabbing'-Geschäfte, die von Jacques Diouf, dem Chef der UN-Ernährungsorganisation, als 'eine Form von Neokolonialismus' gebrandmarkt werden, sind übrigens nicht ohne Gefahr für die Weltgemeinschaft. Statt Kleinbauern zu fördern, die sich und die Bevölkerung der Region versorgen könnten, exportieren die internationalen Firmen und Staaten aus den Schwellenländern Nahrungsmittel. Ob und wie lange hungernde Bevölkerungen sich das bieten lassen, wird sich zeigen. Und wenn man weiss, dass die Landwirtschaft zu den grössten Wasservergeudern gehört, lässt es sich ausmalen, dass wenn Lebensmittel- und Wasserknappheit zusammenfallen, Aufstände vorprogrammiert sind; es sei denn, dass Armeen die ausländischen Investitionen schützen und sich gegen die hungernden und dürstenden einheimischen Bevölkerungen stellen.
Aber eben: Solange die Hauptursache der irdischen Grossprobleme, die Überbevölkerung, nicht offen und unzimperlich angepackt und gelöst wird, bleibt alles andere Flickwerk und reine Symptombekämpfung.