Leserfrage

Die Seele ist ein Faktor, der ebenso der Vergänglichkeit eingeordnet ist, wie das Bewusstsein. Die Seele ist jedoch gegensätzlich zum Bewusstsein, das selbstkreativ ist, nur formbar durch die Gedanken und die daraus resultierenden Gefühle des Menschen. Grundsätzlich ist dabei der Begriff ‹Seele› nicht zutreffend und völlig veraltet, denn im besseren und spezifizierten Sprachgebrauch verkörpert schon seit langer Zeit der Begriff ‹Psyche› jenen Wert, der mit der Seele gemeint ist. Seele ist ein altherkömmliches resp. altgermanisches Wort, das mittelhochdeutsch als ‹sele›, althochdeutsch ‹s(u)la›, gotisch ‹salwala›, niederländisch ‹ziel› genannt wurde und in englischer Sprache ‹soul›. Dabei handelt es sich um eine Ableitung des Grundbegriffes ‹die zum See Gehörende›. Gemäss der altgermanischen Vorstellung wohnten die Seelen der Ungeborenen und der Toten im Wasser. Was den Begriff ‹Seele› anbelangt, wie er aus religiöser Sicht gebraucht wird, so ist dieser ungemein stark vom Christentum geprägt worden. In übertragenem Sinn steht der Begriff ‹Seele› für das ‹Innere eines Dings›, wie z.B. in der Bedeutung der ‹Höhlung eines Geschützrohres›. Weitere Begriffe entstanden im 16., 17. und 18. Jahrhundert als ‹Seelenachse›, ‹seelisch›, ‹beseelen› und ‹entseelt› (tot). Also geht allein schon daraus hervor, dass der Begriff Seele nicht mit einer den Menschen belebenden Form zu tun hat, sondern mit einem Wort, das etwas völlig anderes bezeichnet und vom Christentum gestohlen und in missbräuchlicher Weise für dessen religiöse Zwecke verballhornt wurde.