Bevölkerungswachstum und Wirtschaftswachstum...

Permanentes Wirtschaftswachstum auf Kosten anderer?

Es scheint so, als sei es heute ein von fast allen Wirtschaftlern, Politikern und Medien kritiklos akzeptiertes Credo, dass wir ein jährliches Wirtschaftswachstum von einigen Prozent brauchen. Ein stetiges Wachstum um beispielsweise 2% bedeutet aber ein exponentielles Wachstum – ins Grenzenlose; das sollten wir trotz unseres Pisa-Defizits einsehen können. (Viele Politiker wissen vielleicht nicht, was exponentielles Wachstum bedeutet, aber Frau Merkel, als Physikerin, sollte es wissen.) Wachstum – und schon gar exponentielles – darf es auf der begrenzten Erde heute nur in vorübergehenden Entwicklungsphasen geben, wenn es nicht in Katastrophen führen soll. Fortlaufendes Wirtschaftswachstum kann bei uns im wesentlichen nur auf Kosten anderer (schwächerer Länder und zukünftiger Generationen) erfolgen. Die Weltwirtschaft scheint nach naturgegebenen Gesetzen zu verlaufen. Bisweilen führt sie zu Fehlentwicklungen: So wird unter anderem Milch und Schlachtvieh in ganz Europa über weite Strecken hin- und her gekarrt, weil es ‹ökonomischer› ist, als sie dort zu verarbeiten, wo sie erzeugt oder gebraucht werden. (Das hat auch ein bisschen von ‹Herren-Moral›: Die Armen können die Drecksarbeit leisten.) In Bielefeld und Halle werden Steine für Strassenpflaster aus China geholt, weil das so billig ist. Es scheint auch ‹ökonomischer›, defekte wertvolle Produkte wegzuwerfen, als sie zu reparieren. Für all das gibt es im Rahmen einer kurzfristigen Wirtschaftslogik plausible Gründe. Weil Energie bei uns verhältnismässig billig ist und Arbeit teuer, scheint es ‹ökonomisch›, unsere Ressourcen rücksichtsarm zu verbrauchen. Nach unserem fast einhellig akklamierten Wirtschaftssystem sollten wir sogar ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir nicht mehr einkaufen, als wir brauchen. Unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem läuft langfristig in eine für die grössere Zahl der Menschen ungünstige Richtung. Wir sind dabei, durch unsere Wirtschaftspolitik unseren Kindeskindern die Lebensbedingungen zu verderben, aber kaum jemand ist ernsthaft daran interessiert, wie es unseren Urenkeln gehen wird.