Die Todesstrafe

Mag der Fehler oder das Verbrechen, der/das begangen wurde, noch so niederträchtig und schlimm gewesen sein: Auch Mörder/innen und sonstige ausgeartete Kriminelle haben einen Anspruch darauf, zur Erkenntnis zu gelangen, dass sie falsch gehandelt haben - nicht weil man es ihnen sagt und vorhält, sondern weil sie es selbst durch einen inneren Verarbeitungsprozess erkennen. Dieses bewusste Erkennen ist der entscheidende Punkt, und eine Gesellschaft, die die Notwendigkeit dieses Prozesses erkennt und anstrebt, hat den Schritt in eine wirklich humane Gemeinschaft geschafft. Wird dem/der Täter/in das Leben genommen, dann wird ihm/ihr auch die Möglichkeit genommen, seine resp. ihre Tat als das zu erkennen, was sie war - ein Verbrechen. Mörder, Vergewaltiger etc. gehören bis zu ihrem Tode aus der Gesellschaft ausgegliedert, aber immer unter menschenwürdigen Bedingungen und stets mit der Möglichkeit, an sich als Mensch zu arbeiten.

Die Ermordung des Mörders mag der Gesellschaft und den Hinterbliebenen der Opfer für einen kurzen Zeitraum Genugtuung verschaffen, aber es gibt dabei auch neue Opfer, nämlich die Hinterbliebenen des Täters resp. der Täterin, der/die zum Tode verurteilt und hingerichtet wird. Die soziale Verflechtung aller beteiligten Menschen, sowohl bei den Opfer- wie auch bei den Täterfamilien, ist enorm und reicht viel tiefer, als es die Befürworter der Todesstrafe und alle Aussenstehenden überhaupt erfassen können. Das, was geschieht oder was geschehen ist, kann nicht nur auf Täter und Opfer beschränkt werden, sondern es gibt im Normalfall viele andere verzweifelte Menschen auf beiden Seiten, die ebenfalls davon betroffen sind und unfreiwillig zu Opfern werden.

In den USA gibt es verschiedene Projekte auf freiwilliger Basis; unter anderem müssen sich die Mörder/ innen den Verwandten ihrer Opfer in persönlichen Gesprächen stellen. Dies ist natürlich ein Schock für alle, und es konnte gesehen werden, wie gestandene Täter/innen in Tränen und Verzweiflung ausbrachen, wenn sie sich dieser Situation stellten. Den Verwandten geht es nicht anders, auch ihr Schmerz ist unermesslich. Dennoch haben verschiedenste Beteiligte solche Konfrontationen, die sich aus mehreren solcher Zusammenkünfte ergaben, als positiv und lehrreich empfunden. Mehr noch, es half den Opfern sehr, mit diesen Ereignissen besser fertig zu werden und gar gegen die Todesstrafe zu intervenieren.