Die Mühen der Trennung zeigt etwa das Beispiel von Sophie B., einer selbständigen Personalberaterin aus der Romandie, die sich zusammen mit ihrem Bruder Stéphane jahrelang der Sache Raëls verschrieben hatte. Seit sechs Jahren führte sie neben Vorilhon, Jeandupeux und einem weiteren Raëlisten im Vorstand die Kasse der "Federation Internationale des Religions et Philosophies Minoritaires" (Firephim). Ein Verein, der sich offiziell dem Schutz der Religions- und Gewissensfreiheit widmet, in Tat und Wahrheit aber eine geheime Schutz- und Kampfgemeinschaft von Scientology, Raëlisten und Moon-Sekte darstellt. Das beweist die französische Mutterorganisation Firephim, wo Raël zusammen mit je einem führenden Mitglied der Moon-Kirche und von Scientology den Vorstand besetzt.

Über diesen bisher unbekannten Zusammenschluss will Sophie B. nichts preisgeben. Gegenüber der "NZZ am Sonntag" erklärte sie lediglich, eine Pro-forma-Buchhaltung geführt zu haben. Sie sei, weil sie mit der Organisation Mühe gehabt habe, vor einem Jahr ausgetreten. Dumm bloss, dass sie im Handelsregister nach wie vor als Kassiererin eingetragen ist. Sie spielte auch ihre Funktion im sekteneigenen Anlagefonds "Infinifund" (siehe Kasten) hinunter und beteuerte, dass ihre Nennung als "Direktorin" in einem via Internet publizierten Dokument Folge einer Verwechslung mit ihrem Bruder sei. Ihre Mitgliedschaft bei der Raël-Bewegung bestritt Sophie B. so lange, bis sie mit einem internen Bulletin konfrontiert wurde, wo sie als Mitglied des "Ordens der Engel von Raël" aufgeführt ist.

Die letzten Sommer Ausgestiegene sei "im Herzen eine Ausserirdische geblieben", sagt jemand, der sie kennt, doch sie habe Mühe mit der neusten Entwicklung der Organisation. Mit den Entwicklungen spricht der externe Beobachter die zunehmende Radikalisierung an. "Vor einigen Tagen betitelte Brigitte Boisselier den Guru Raël zum ersten Mal als "Seine Heiligkeit". Eine solche Verklärung ist neu."

Neueren Datums ist auch die Gründung des "Ordens der Engel von Raël", einer Struktur von ausschliesslich weiblichen Mitgliedern, die als Dienerinnen der Bewegung wirken, insbesondere in "Ufoland", dem Sektenhauptquartier in der kanadischen Provinz Quebec. Bei der Rekrutierung der Engel haben die Helfer für Raël vor allem junge, schöne und reine Frauen auszuwählen, "die das Privileg haben, sich uns in unserer Intimität zu nähern". Sie haben nicht nur die Ankunft der "Elohims" vorzubereiten, sondern sich auch um das Wohlergehen "Seiner Heiligkeit" zu kümmern.

Auch der Engelsorden ist hierarchisch gegliedert - die Rangordnung von den Stagiaires bis zu den Erzengeln ist an der Anzahl Federn abzulesen, die sie um den Hals tragen. Entscheidender aber ist ein anderer Unterschied, der den Erfinder definitiv als herrschsüchtiges Monster entlarvt: Die Engel mit weissen Federn dürfen gemäss einer internen Anweisung ein normales sexuelles Leben führen.