Klon-Sekte, Engelbrigaden im Dienste des Herrn

Im Jahr 2035 würden sie zurückkehren und ihre irdischen Anhänger sammeln. Vor diesem Hintergrund versuchen Raël und seine Leute, mit Hilfe der Klontechnik sich ewiges Leben zu verschaffen.

Die abstruse Story - reich geschmückt mit Details zu den fliegenden Untertassen und dem Landeplatz, gespickt mit Anweisungen zur Führung der irdischen Gefolgschaft und angereichert mit philosophischen Plattitüden und Zeitgeist-Anleihen (Wellness, Hedonismus, Fortschrittsglauben und eine Moral "light") -, diese Geschichte tönt offenbar so plausibel, dass einige tausend Leute auf diesem Planeten dem selbsternannten Guru, der sich nun "Raël" (Licht Gottes) nannte, zu folgen begannen.

Raël alias Vorilhon (56) baute eine atheistische Kirche mit straffer Hierarchie auf. Zuoberst steht er selbst, dem Papst gleich, an der Spitze. Anders als jener durfte Raël aber bereits einmal das Paradies besuchen und sich dort mit Buddha, Mohammed, Moses und Jesus an einen Tisch setzen - den Ausflug unternahm er mit einem Ufo, das die Zeitreise zu dem ein Lichtjahr entfernten Planeten dank elohimscher Antriebskraft erheblich verkürzt habe.

Die Sekte kennt sechs Hierarchiestufen: Auf Niveau 0 stehen die gewöhnlichen Mitglieder, die Niveaus 1 und 2 bilden Hilfs-Animatoren und Animatoren, die in der Bevölkerung missionieren; dann folgen die Führer-Assistenten (3) und die Nationalen Führer (4). Zu diesen gehören der Walliser Weinbauer und oberste Schweizer Raëlianer Allan Tschopp (52) sowie Clonaid-Vizepräsident Thomas Känzig (28), auch er ein Schweizer. Auf Stufe 5 - unmittelbar unter Raël - folgen die Bischöfe wie die französische Clonaid-Chefin Brigitte Boisselier (46) und der Management-Trainer und "Kontinental-Bischof" für Europa, Gérard Jeandupeux (45). Zusammen mit mehreren "Engeln" in der direkten Umgebung Raëls besetzen schweizerische Gläubige überdurchschnittlich viele Kaderpositionen in der Ufo-Sekte. In der Schweiz zählt die Bewegung nach Angaben Tschopps gegen 1000 Anhängerinnen und Anhänger, den "harten Kern" allerdings machten nur rund 150 Personen aus.
Sekte radikalisiert sich

Die Macht Vorilhons und seiner obersten Kader legt sich über die Anhänger wie ein feines Netz, das aus religiöser Verführung, persönlichen Abhängigkeiten, Gruppendruck und dem Einsatz repressiver Mittel gesponnen ist. "Der Guru übt eine grenzenlose Verfügungsgewalt über die Mitglieder aus; seine Geniokratie - die Herrschaft der voll entwickelten über die "dummen" Menschen - ist ebenso totalitär wie gefährlich", sagt Sektenexperte und Pfarrer Georg Schmid.