An den Vatikan, den Papst, ...

In der römisch-katholischen Kirche ist der Zölibat auch gegenwärtig ein aktuelles Thema und gegenüber der Öffentlichkeit ein höchst verschwiegener Anlass für kircheninterne Auseinandersetzungen.
In den Jahren 1990 sowie 1993 hat Papst Johannes Paul II. noch einmal in stärkster Form auf die Beibehaltung des Zölibats hingewiesen. In einem apostolischen Schreiben hat er das Gebot zur Ehelosigkeit der katholischen Priester einmal mehr bekräftigt. In einem Dokument, das die Ergebnisse der Bischofsynode über die Priesterausbildung im Herbst 1990 zusammenfasste, wurde der Zölibat einmal mehr als ‹unschätzbares Geschenk Gottes› bezeichnet. Die Kirche habe trotz der bekannten Schwierigkeiten an ihrer Entscheidung festgehalten, die Priesterweihe weiterhin nur Männern zu erteilen, und zwar vor allem jenen Männern, die zu einer bedingungslosen und dauerhaften Ehelosigkeit berufen seien. Einmal mehr wurde vom Papst auch betont, dass es nicht den geringsten Zweifel an der festen Entschlossenheit der Kirche geben könne, das Gesetz des Zölibats beizubehalten. Das päpstliche Dokument bekräftigt ausführlich die ‹evangelischen› Prinzipien des Gehorsams, der Keuschheit und der Armut. Dieser Gehorsam erfordere von den Priestern eine beachtliche Askese. Diese heuchlerische Bekräftigung erfolgte im Angesicht des unbeschreiblichen und milliardenschweren Reichtums der römisch-katholischen Kirche sowie vor der horrenden Armut von Millionen Menschen und der von der Kirche geschürten Überbevölkerung auf diesem Planeten.
Es wird darauf hingewiesen, dass der angehende Priester seine eigenen Vorlieben und Standpunkte nicht zu sehr vertreten und ihnen nicht anhängen dürfe, damit er frei von jeder Eifersucht, Missgunst und Rivalität seine Talente und Fähigkeiten zur Geltung bringen könne. Zwei Jahre später prangerte Papst Johannes Paul II. auf Jamaika erneut jede aussereheliche Sexualität als Verletzung der menschlichen Würde und als Wurzel gesellschaftlicher Fehlentwicklung an. Die Folgen der ausserehelichen Sexualität seien schmerzlich für viele Kinder, die ohne Liebe und Unterstützung von Eltern aufwachsen und kein gesundes Familienleben kennen würden, betonte der Papst. Wohlweislich hat er hierbei die Erwähnung von Tausenden von Kindern unterlassen, die in den Reihen seiner eigenen klerikalen Genossen gezeugt und mitsamt ihren Müttern im Stich gelassen oder vor der Weltöffentlichkeit versteckt gehalten wurden und werden. Ganz abgesehen von den Tausenden geschundenen und sexuell missbrauchten Kindern beiderlei Geschlechts, die während Jahrhunderten mit traumatischen Folgen unter der gnadenlosen und bestialisch menschenverachtenden ‹christlichen Barmherzigkeit› der römisch-katholischen Kirche gelitten haben.
Die ‹christliche Ehe› im Sinne des römisch-katholischen Glaubens bezeichnete der Papst als Fundament einer Gesellschaft. Zur gleichen Zeit veröffentlichte die deutsche Zeitschrift ‹Stern› (Nr. 44/92) einen interessanten Artikel zum Thema ‹Homosexualität innerhalb der katholischen Priesterschaft›. Ein ehemaliger Rektor der deutschen ‹Franziskaner-Hochschule› in Münster und angesehener Professor für Pastoraltheologie verliess nach rund 32 Jahren den Orden. Er konnte gemäss Presseberichten die massive Unterdrückung und Diffamierung von homosexuellen Priestern nicht mehr ertragen. Laut seinen Angaben sind rund 50% der katholischen Pfarrherren homosexuell. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet der designierte Priester darum mit der bundesweit ökumenischen Initiative ‹Homosexuelle und Kirche› (HuK) als Berater zusammen. In der HuK haben sich mehr als 500 betroffene Frauen und Männer zu Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen.
Eine weitere negative Auswirkung des katholischen Zölibats zeigt sich auch darin, dass der Mensch für seine bewusstseins-, gedanklich-gefühls- und psychemässige Entwicklung auf die körperliche Nähe und die zärtlichen Berührung seiner liebevollen Partner und Gefährtinnen angewiesen ist. Die ausgeglichene psychische Befindlichkeit und die allgemeine Gesundheit des Menschen basieren zu einem grossen Teil auf einem gesunden gleich- oder gegengeschlechtlichen Sexualleben sowie auf den sanften und zärtlichen Berührungen und der intimen Nähe zu einem geliebten Menschen.