An den Vatikan, den Papst, ...

Die theologische Auslegung, es habe sich zwischen Joseph und Maria noch nicht um eine Ehe, sondern lediglich um ein Verlöbnis gehandelt, gleicht einer schändlichen und ratlosen Ausflucht. Das Verlöbnis ist auch in der christlichen Auffassung ein Eheversprechen. Kein rechtschaffener Mann schwängert die Verlobte eines anderen Mannes. Offensichtlich beging also Gott mit der Aufforderung zum Ehebruch und zur beabsichtigten Schwängerung einer Verlobten eine unrechtschaffene Handlung. Dadurch stellt er zweifellos seine eigene Glaubwürdigkeit und seine Vertrauenswürdigkeit in Frage. Die glaubwürdige Vorbildfunktion der Erziehenden ist jedoch eine grundlegende pädagogische Notwendigkeit, um einem Kind die wahrliche Wahrheit zu lehren, denn Lügen haben kurze Beine.
Im Falle desselben Vergehens, so nämlich dem Bruch einer Verlobung und Schwängerung durch einen anderen Mann, hat derselbe allgnädige Gott im 5. Buch Moses 22, 23–25 ff. für die Gläubigen drakonische Massnahmen vorgesehen:

  1. Wenn ein Mädchen, eine Jungfrau, einem Manne verlobt ist, und es findet sie ein Mann in der Stadt und liegt bei ihr,
  2. so sollt ihr sie beide zum Tore selbiger Stadt hinausführen und sie steinigen, dass sie sterben: das Mädchen deshalb, weil sie nicht in der Stadt geschrien hat, und den Mann deshalb, weil er das Weib seines Nächsten geschwächt hat. Und du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen.
  3. Wenn aber der Mann das verlobte Mädchen auf dem Felde findet, und der Mann ergreift sie und liegt bei ihr, so soll der Mann, der bei ihr gelegen hat, allein sterben.

Fazit: Gott selbst hat sich also des Ehebruchs bzw. des Verlöbnisbruchs mit der Jungfrau Maria schuldig gemacht und als ‹das Böse› überführt. Gemäss seiner eigenen Gesetze und Gebote hat er sich dadurch auch selbst zum Tode durch Steinigung verurteilt.
Wie rechtfertigt also Gott gegenüber seinen zum Gehorsam verpflichteten Gläubigen die von ihm persönlich beabsichtigten bewusstseinsmässigen, gedanklich-gefühlsmässigen und psychischen Verletzungen, die er dem gehörnten Joseph zufügte, um seine egoistischen Pläne eines angeblich eingeborenen Sohnes mit dessen Verlobter zu verwirklichen?
Selbstredend stellt sich auch die Frage: Warum hat er keine wahrlich unverlobte und unbemannte Jungfrau für seine Planung auserwählt, sondern in voller Absicht – und entgegen der eigenen Weisungen an die Gläubigen – seine Lehren auf einem betrügerischen Ehebruch begründet? Joseph reagierte nämlich äusserst menschlich und dachte erstlich daran, Maria wegen dieser Schande zu verlassen. Einmal mehr offenbart sich an diesem göttlichen Verhalten beispielhaft ein höchst zweifelhafter und mitunter egoistischer und liederlich-menschlicher Charakter Gottes.

In der Regel ist der Mensch kein gefühlloser Eisblock, der gewisse menschliche Bedürfnisse ohne Konsequenzen einfach auszuschalten oder dauerhaft zu verdrängen vermag. Eines Tages werden sich früher oder später diese tiefgreifenden und unterdrückten Bedürfnisse nach Nähe und Geborgenheit mit einem geliebten Menschen in irgendeiner Art und Weise wieder in den Vordergrund drängen. Und dies ist auch so bei jenen unbelehrbaren und fanatisch wahnkranken Kuttenträgern, die in ihrer Hörigkeit über Jahre hinweg den Würgegriff der Kirche erduldeten, sich dadurch am Körper und an der eigenen Psyche folterten und ihr Gefühlsleben zertrümmert haben.
In Tat und Wahrheit sind die zahlreichen in der Gegenwart publik gewordenen Fälle von Verfehlungen der ‹Geistlichkeit› lediglich die Spitze des Eisberges. Wahrheitlich brodelt in jedem einzelnen römisch-katholischen Mönch, Pfarrherrn und Priester, bis hinauf zu den Bischöfen, Kardinälen und gar dem Papst selbst der tosende Vulkan des Widerstandes gegen den widernatürlichen Zölibat.