Demokratie – totalitärer Staat – EU

Man unterscheidet heute grundsätzlich drei Grundtypen von demokratischen Systemen:

Parlamentarische Demokratie, die z.B. in Deutschland, Italien oder Grossbritannien ausgeübt wird und deren Verfassung keinerlei plebiszitäre Elemente kennt, also keine direkte Mitwirkung des Volkes. Das Grundgesetz von Deutschland z.B. betont zwar unter Artikel 20, Absatz 2 die Volkssouveränität, dennoch sieht das Grundgesetz auf Bundesebene unter dem Strich nur in zwei sehr engen Fällen Volksabstimmungen vor: Zum einen bei der Abstimmung über eine neue Verfassung und zum andern bei einer Neugliederung eines Bundesgebietes, bei dem aber lediglich die wahlberechtigten Bürger in den betroffenen Gebieten stimmberechtigt sind.

Präsidialdemokratie, die z.B. in Amerika und Frankreich ausgeübt wird, mit einer strikten Trennung von Parlament und Regierung. Der Präsident als Chef der Exekutive geht aus einem Wahlgang hervor, der mit den Parlamentswahlen nichts zu tun hat. Gleichzeitige Zugehörigkeit zu Regierung und Parlament ist nicht möglich. So, wie das Parlament keine Möglichkeit hat, dem Präsidenten das Misstrauen auszusprechen und ihn zu stürzen, hat umgekehrt der Präsident kein Auflösungsrecht für das Parlament. Es wäre im Falle von Rechtsverletzungen nur über eine Anklage möglich, den Präsidenten vorzeitig aus dem Amt zu entfernen. Das geschah in der Geschichte der Vereinigten Staaten das erste Mal im 19. Jahrhundert (1868, gegen Andrew Johnson wegen Missachtung der Rechte des Kongresses; die notwendige Stimmenzahl von zwei Dritteln der Senatoren wurde mit nur einem Votum verfehlt). Richard Nixon trat am 9. August 1974 kurz vor Erhebung einer solchen Anklage zurück, als sich im Repräsentantenhaus die zur Amtsanklage notwendige absolute Mehrheit und im Senat die zur Amtsenthebung erforderliche Zweidrittelmehrheit abzeichneten. 1999 wurde gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton wegen Meineids und Behinderung der Justiz im Zuge der Lewinsky-Affäre ein Vorwurf erhoben. Der Meineidsvorwurf wurde mit 55 zu 45 Stimmen zurückgewiesen, jener der Behinderung der Justiz mit 50 zu 50 Stimmen. Die strikte Trennung zwischen Parlament und Regierung führt dazu, dass der Präsident nicht mit einer ständigen Mehrheit rechnen kann. Um Gesetzesvorhaben durchzubringen, bedarf es einer Mehrheit, die jeweils durch Einflussnahme und Verhandlungen zusammengebracht wird. Kompromissbereitschaft und die Fähigkeit zum Ausgleich auf beiden Seiten sind die Voraussetzung für das Funktionieren dieses Systems.

Direkte Demokratie: Meines Wissens verfügt die Schweiz von allen sogenannten ‹direkten Demokratien› über die weitreichendsten direktdemokratischen Elemente, dennoch ist sie nicht mehr als eine halbdirekte Demokratie. Die Verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft von 1848 (revidiert 1874) kennt als oberstes Organ die Bundesversammlung, die aus dem Nationalrat (Unterhaus) und dem Ständerat (Vertretung der Kantone) besteht. Der Bundesrat – die Regierung – wird von der Bundesversammlung auf vier Jahre gewählt und hat ihr gegenüber eine nicht sehr starke Stellung. Die schweizerische Verfassung weist dem Parlament eindeutig die wichtigste Rolle zu. In der Verfassungswirklichkeit hat sich die Regierung, genauso wie in anderen Demokratien, zur bedeutendsten der drei Gewalten entwickelt. Da der Bundesrat die Bundesversammlung nicht auflösen und diese den Bundesrat nicht stürzen kann, ergibt sich in der Verfassungswirklichkeit eine starke Stellung des Bundesrates, dessen Mitglieder über lange Zeit hinweg im Amt bleiben. Die Kontrolle sowohl über das Parlament als auch über die Regierung wird von den Wahlberechtigten ausgeübt. Aktivbürger stimmen in Volksentscheiden nicht nur über Verfassungsänderungen ab, sondern sie haben auch das Recht, Gesetze durch Volksentscheid aufzuheben und die gesetzliche Regelung bestimmter Fragen durch Volksbegehren zu verlangen. Wenngleich die repräsentativen Elemente in der Schweizer Verfassung stark sind, so sind die plebiszitären Elemente kaum schwächer.