Das falsche, krankhafte christliche Demuts- und Opfer-Verständnis

Der christlichen Demut geschwisterlich verbunden ist die wahngläubige Bereitschaft zur kritiklosen Selbstaufopferung als gefährliche Form von falschverstandener Nächstenliebe. Diese beruht jedoch nicht auf einer Nächstenliebe in liebevoller Ehrwürdigkeit der wahrlichen Gleichwertigkeit gegenüber dem eigenen oder fremdem Leben in schöpferischem Sinne, wie dies die Geisteslehre lehrt. Vielmehr drängt sie die Persönlichkeit eines irrig Wahngläubigen zur Selbstvernichtung, um das eigene Leben im Sinne der Forderungen Gottes und seiner Lehren aufzuopfern und bedingungslos hinzugeben. Zahlreiche Entscheidungen werden bewusst oder unbewusst – selbst von den vermeintlich ungläubigen Menschen – nach diesem alten kultreligiösen Muster einer demütigen Glaubensauffassung gefällt. Die oberflächliche und bequeme Akzeptanz von kultreligiösen Einflüssen und kritiklos gewährten Beeinflussungen auf das eigene Leben entspricht – bei einer genauen Betrachtung – einer selbstgewählten Selbstentmündigung und latenten Selbstopferung.
Die Begriffe ‹Opfer›, ‹Opferung›, ‹Aufopferung› etc. stellen in ihrem eigentlichen Wert grundsätzlich immer etwas Negatives dar. Sie werden jedoch im kultreligiösen Sprachgebrauch verherrlicht und zu den höchsten Tugenden des christlichen Glaubens erhoben. Ein Opfer basiert niemals auf einer bedingungslosen Freiwilligkeit. Es wird durch einen äusseren Gewalteinfluss oder durch innere Zwänge, Nötigungen oder Ängste getrieben, unfreiwillig erbracht oder gespendet. Es ist immer die Folge einer Einschüchterung, selbst wenn diese nicht augenscheinlich offensichtlich ist. Das Opfer oder die persönliche Aufopferung haben viele subtile Formen. Sie zeigen sich mitunter in unfreiwilligen oder erzwungenen Änderungen oder Einschränkungen der eigenen Verhaltensweisen, Lebenslagen, der Gedanken, Gefühle und Handlungen, erzeugt durch äussere Zwänge in Form von auferlegten Dogmen, Lehrmeinungen, Lehrgebäuden, Lehrsätzen, Kirchenlehren, Überzeugungen, Glaubenssätzen, Erziehungsmethoden, Doktrinen, Glaubenslehren, Hilfeheischungen, Heilslehren oder Heilsbotschaften aller Arten etc. Das persönliche Opfer wird dem Menschen und seinen Bewusstseinsformen sowie seiner Psyche und dem Gedanken-Gefühlsleben dann gefährlich, wenn er sich in selbstauferlegte und unbegründete Zwänge verstrickt, wie z.B. Verzicht, Entsagung, persönliche Grenzen, ideologische Verbote und Einengungen, sittliche und moralische Vorstellungen sowie religiös-motivierte Moralkodexe bezüglich der eigenen Handlungsweisen oder Verhaltensformen, z.B. Onanie und Masturbation, die eine Krankheit sein und als solche verboten sein sollen; der Zweifel an der Kirche, an der ‹Heiligen Schrift› oder am Christentum usw. soll Gotteslästerung etc. sein.