Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit

Mit der wiederholten und selbstverschuldeten Unterlassung verliert der fallible bzw. fehlbar Säumige im Laufe der Zeit seine Ehre, die Glaubwürdigkeit, seinen guten Ruf und die Achtung gegenüber den Geschädigten. Unzuverlässigkeit und Pflichtvergessenheit zerstören in einer zwischenmenschlichen Verbindung oder in sozialen Systemen die Ruhe, den Frieden und die Gelassenheit. Sie provozieren Unfrieden und Zwietracht. Schleichend verbreitet sich ihr zerstörerisches Gift im Bewusstsein, der Psyche, in der Gedankenwelt und im Gefühlsleben der Geprellten. Aufgebracht vom ruhelosen Ärger über die Fahrigkeit und den Versprechensbruch der Unzuverlässigen, vermögen bei den Getäuschten mitunter sogar körperlich-schmerzliche Symptome in Erscheinung zu treten. Gleichgültigkeit, Oberflächlichkeit und Unzuverlässigkeit sind üble Plagen für alle jene, die sich um eine ordentliche Lebensführung bemühen. Untugenden sind keine unheilbare Krankheit, sondern selbstgewählte Charakterschwächen. Somit ist dieses Übel im Grunde genommen auch mit einer angemessenen Bemühung und Konzentration zu beheben. Ein Anspruch auf die Legalisierung dieser Liederlichkeit existiert in keiner Weise, und zwar auch dann nicht, wenn ein solcher mit einem vermeintlichen Unvermögen gerechtfertigt oder untermauert wird.

Die Unzuverlässigkeit hat ihre Wurzeln in einer fehlenden Motivation zur Rechtschaffenheit und basiert somit auch auf der bewussten Vermeidung von anstrengenden Gedankengängen, wie etwa darauf, die eigene Persönlichkeit zum Besseren zu ändern. Der Unzuverlässige legt keinen grossen Wert auf fremde Bedürfnisse, und seine Wahrnehmung der Umwelt oder seiner Mitmenschen endet an der Spitze seiner Körperhaare. Die Zuverlässigen hingegen sind Balsam für jegliches Zusammenleben, und die Gemeinsamkeit mit diesen Menschen bringt gute Früchte. Die Unzuverlässigkeit spricht dem gegenüber eine klare Sprache. Sie ist der Ausdruck einer egozentrischen Haltung, die eigenen Bedürfnisse und die Befriedigung derselben in den Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit zu stellen und sich selbst als Mass aller Dinge zu betrachten. Systematische Verspätungen, Pflichtverschleppungen oder allgemeine Zerstreutheit werden vom Säumigen gerne als ‹trendy› deklariert, mit der persönlichen Freiheit gerechtfertigt oder von seiner Umgebung mit dem unbedingten Anspruch auf Akzeptierung eingefordert. Umgekehrt werden jedoch Fristverletzungen von Zeitgenossen zum eigenen Nachteil zähneknirschend und lediglich vordergründig als Entschuldigung der eigenen Bequemlichkeit geduldet, vielfach jedoch mit Gehässigkeit quittiert. Die Unzuverlässigkeit hat viele Farben. Unerledigtes oder Pflichten werden gerne von ihr gemieden. Als Lebensinhalt frönt sie der Bequemlichkeit. Ohne es einerseits zu registrieren oder andererseits die Tatsache bewusst zu verdrängen, entwickelt sich ihr Wirken zu einem sozialen Suizid. Ihr sozialer Huren-Lohn sind wachsende Vertrauenslosigkeit, falsche Freundschaften, zunehmende Distanziertheit und Unfreundlichkeit.