Leserfrage zur Beschneidung und Genital-Verstümmelungen

Das ist auch so bei den Bambara und den Dogon im westafrikanischen Mali, wo das Ganze einen Mannbarkeitsritus darstellt, der die ursprüngliche Androgynität – als verhexte Weiblichkeit durch die Vorhaut symbolisiert – aufheben soll. (Als ‹androgyn› werden Menschen bezeichnet, die durch ihr Benehmen, durch ihre Eigenschaften, Gesten und Kleidung nicht den Rollenmustern des angeborenen Geschlechtes entsprechen. So geben sich androgyne Männer betont weiblich und androgyne Frauen besonders männlich. Androgynität sagt aber nichts über sexuelle Vorlieben aus. Hetero-, Homo- oder Bisexualität ist also möglich. Androgynität ist nicht zu verwechseln mit Transsexualität.) Nebst der Beschneidung der Vorhaut des Mannes gibt es noch diverse andere Formen operativer Eingriffe am Penis, wie z.B. folgendes Zitat aussagt:
«Beschneidungen werden im Rahmen von Initiationsriten bei Naturvölkern heute noch praktiziert, so z.B. bei Ureinwohnern Australiens, den Aborigines. Auch auf diversen Inseln des Westpazifischen Ozeans ist das Ritual üblich. Dabei ist es Brauch, den jungen Männern einige Wochen nach Entfernung der Vorhaut den Penis aufzuschlitzen, wodurch eine vollständige oder partielle Spaltung der Harnröhre bewirkt wird, die sogenannte Subinzision. In Indonesien werden Jungen zu Beginn der Pubertät Bambusoder Metallkugeln, sogenannte Implants, in den Penisschaft oder die Eichel eingesetzt.»
Ein weiteres Zitat sagt aus, dass bereits 2300 vor der christlichen Zeitrechnung Beschneidungen stattgefunden haben: «Die älteste bekannte Darstellung einer Beschneidung ist ein ägyptisches Relief in der Mastaba des Anchmahor, Wesir des Pharao Teti II., in Sakkara (um 2300 v. Chr.). Warum damals Männer beschnitten wurden, ist unbekannt. Den alten Ägyptern galt die Schlange als unsterblich, weil sie ihre Haut abwerfen und sich damit immer wieder erneuern konnte. Einige Kulturhistoriker vermuten, die Beschneidung eines Mannes habe symbolisch die Häutung der Schlange nachvollziehen und die menschliche Seele unsterblich machen sollen.»
In bezug auf die Beschneidung kursierten zu allen Zeiten die verrücktesten Ansichten, wie z.B. folgendes Zitat an den Tag legt:
«Im 1. Jahrhundert n. Chr. befürwortete der jüdisch-hellenistische Philosoph Philon von Alexandria in ‹De Circumcisione›, im 12. Jahrhundert n. Chr. der jüdische Arzt und Rabbi Moses Maimonides die Beschneidung auch wegen ihrer angeblich den Sexualtrieb mässigenden Wirkung: Die Geschlechtsorgane sollten so verletzt und geschwächt werden, dass sie zwar noch funktionieren, aber keine überschüssige Lust mehr zulassen. Die Fähigkeit, der Ehefrau sexuelle Lust zu bereiten, ist aber auch laut Maimonides die Voraussetzung für eine Ehe.»
Was sich weiter in diversen Quellen an Interessantem in bezug auf die Beschneidung finden lässt, geht aus folgenden Zitaten hervor:
«Dem israelischen Anthropologen Nissan Rubin zufolge enthielt die jüdische Beschneidung in den ersten beiden Jahrtausenden nicht die Periah. Diese sei erst in der Zeit des Bar-Kochba-Aufstands von den Rabbinern vorgeschrieben worden, um das unter anderem im Talmud und bei den Makkabäern (Makk. 1,11–15 EU) erwähnte ‹meshikhat orlah› (das Wiederherstellen der Vorhaut durch Strecken) unmöglich zu machen. Dieses habe sich unter hellenistischem Einfluss verbreitet, da in der griechischen Gesellschaft eine entblösste Eichel als obszön und lächerlich galt.
Die nach jüdischem und protestantischem Verständnis als Apokryphen gewerteten Bücher 1. und 2. Makkabäer sind die älteste heute bekannte Quelle für eine Unterdrückung der Brit Mila. Laut Makkabäer hat Antiochos IV. Epiphanes zu Beginn des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts versucht, Juden in seinem Reich zu hellenisieren: Auch die Beschneidung verbot er und gebot, die Leute an alle Unreinheiten und heidnischen Bräuche zu gewöhnen. Die Frauen, die ihre Söhne hatten beschneiden lassen, wurden getötet, wie Antiochos befohlen hatte; man hängte ihnen die Knäblein an den Hals in ihren Häusern und tötete auch sie, die sie beschnitten hatten. (1. Makk. 1,51–64 EU) Zwei Frauen nämlich wurden vorgeführt, weil sie ihre Söhne beschnitten hatten.